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Drei Schauspielerinnen im Vorzimmer eines Casting“ „Jule, Julia, Julischka“ Hörspiel von Frank Witzel

Frank Witzels Jule, Julia, Julischka ist ein vielfach verschränktes Vexierspiel um die Lebensfrage, wo die eigene Person endet und die Rolle beginnt. Was sich in der Exposition noch ganz einfach darstellt – drei Schauspielerinnen warten auf ein Vorsprechen –, verwickelt sich zusehends zu einem Spiel der Identitäten.

Schon bald ist nicht mehr klar, ob die drei auf ein Vorsprechen warten oder sich im Wartezimmer einer Arztpraxis befinden – oder ist die Arztpraxis selbst schon Teil des Stücks oder Films, in dem die drei eine Rolle zu übernehmen hoffen? Selbst die eigene Biographie verschwimmt irgendwann im Rollenentwurf der anderen Mitspielerinnen.

Schon der Titel ist eine augenzwinkernde Referenz: Thomas Bernhard hat 1986 den Schauspieler*innen (Ilse) Ritter, (Kirsten) Dene, (Gert) Voss ein Stück mit ihren Nachnamen gewidmet. Witzel nennt im Titel seines Stücks die Vornamen seiner Protagonistinnen Jule (Böwe), Julia (Riedler) und Julischka (Eichler) und verdoppelt damit das Identitätenspiel: Sind die Personen Jule, Julia, Julischka mit den Schauspielerinnen im gleichnamigen Stück identisch, oder beginnt hier schon das Rollenspiel? Am Ende bleibt die grundsätzliche Frage nach Identität, oder ob wir nicht alle im Leben nur verschiedene Rollen einnehmen in Drehbüchern und Stücken, deren Verlauf sich durch jeden Mitspieler in neue unerwartete Richtungen entwickelt.



Jule, Julia, Julischka Hörspiel von Frank Witzel
Jule Böwe, Julia Riedler und Julischka Eichel
Musik: Frank Witzel
Regie: Leonhard Koppelmann
hr 2019 | 86 Min

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