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Studio Neue Musik: „Organos“ Mit Werken von Ferneyhough, Fritsch, Vivier.

Dass Komponist:innen der Gegenwart immer wieder die Königin der Instrumente mit all ihren unerschöpflichen Möglichkeiten in neuen Werken ausreizen, ist auch dem Organisten Bernhard Haas zu verdanken.

Zu den extremsten „Brocken“ der jüngsten Zeit zählt „De ira Parables of lucid Dreaming II von Brian Ferneyhough. Der englische „Master of complexity“ schrieb Bernhard Haas dieses Opus gleichsam in die Finger – und Füße. Es ist im wahrsten Sinne eine Zumutung. Der Organist muss sich hier tatsächlich mit Rechenschieber bzw. Taschenrechner der Musik nähern, um die vertrackten Rhythmen, das Gegen- und Miteinander der zum Teil völlig unabhängig verlaufenden Stimmen zu verstehen – und auch noch zu spielen. Doch „das Erstaunlichste ist die expressive Kraft“, so Bernhard Haas, „diese erscheint umso stärker, als nirgends die Absicht besonderer Expressivität aufscheint: Es ist absolut nicht ‚auf expressiv gemacht‘ und bekommt womöglich gerade dadurch seine neue, unbekannte, nicht gezähmte Kraft“.

Auch Johannes Fritsch hat sein Stück für Haas komponiert, im Wissen um dessen virtuose Kunst, die Orgel zu „schlagen“. Der schlichte Titel nennt ganz nüchtern das Datum der Entstehung. „Es gibt hier keine Übergänge und doch scheinen nach einiger Zeit alle Elemente gleichzeitig gegenwärtig zu sein“ (Haas). Les Communiantes von Claude Vivier ist ganz anders geartet. Ein Orgelstück, das spürbar von den Erfahrungen lebt, die der kanadische Komponist auf seinen Reisen durch Asien gesammelt hat.



Brian Ferneyhough
De ira: Parables of lucid Dreaming II (2019) für Orgel

Johannes Fritsch
IX ’99 X (1999) für Orgel

Claude Vivier
Les communiantes (1977) für Orgel

Bernhard Haas, Orgel (Alfried Krupp Saal · Philharmonie Essen)

Moderation: Sophie Emilie Beha
Redaktion: Harry Vogt

© WDR 3, Studio Neue Musik, 28.11.2021

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