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„Zur Faust geballt“ Goethes wahres Drama Von Andreas Ammer

Goethes Drama vom ewig strebenden „Faust“ hat viel zu dem Bild beigetragen, das man in Deutschland von der Dichtkunst hat. Dies ist so einleuchtend wie merkwürdig: Handelt es sich doch beim Nationaldrama der Deutschen um die Geschichte eines Doppelmörders.

Von Andreas Ammer

(Faust ersticht den Bruder seiner Geliebten und vergiftet deren Mutter), der, nachdem ihn seine umfassende Bildung enttäuscht hat („Da steh ich nun, ich armer Tor“), sein Lebensziel darin findet, mit Hilfe eines zwielichtigen Teufels ein minderjähriges Mädchen (Gretchen) zu verführen und es – nachdem es aus Verzweiflung ihr Kind umgebracht hat – gelangweilt im Kerker zurückzulassen.
Auch sonst ist Goethe in dem Drama, das ihn sein ganzes Leben lang beschäftigt hat, gern zu weit gegangen. Erst Jahrzehnte nach des Dichterfürsten Tod wagte man – versteckt in den Anhängen von wissenschaftlichen Goethe-Ausgaben – die Passagen aus dem „Walpurgissack“ zu veröffentlichen, in dem er in reinlicher Schrift obszöne Satansweisheiten niedergeschrieben hatte, die im Zentrum des Dramas hätten stehen sollten: „Euch gibt es zwei Dinge / So herrlich und groß: / Das glänzende Gold / Und der weibliche Schoß.“
Dabei hätte es für den Doktor Heinrich Faust, vor dem es nicht nur manchem Schüler graust, auch andere Möglichkeiten der Selbstverwirklichung gegeben: Der amerikanische Bluesmusiker Blind Willie Johnson beispielsweise verschrieb sich dem Teufel um den Preis, den Blues spielen zur dürfen, was seiner Musik die Ehre einbrachte, mit einer Raumsonde in die unermesslichen Weiten des Weltalls geschickt zu werden.

 

Info zum Faust Festival 2018

© Bayern 2, Nachtstudio, 13.3.2018

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