Heute schon über die Quintessenz des Lebens nachgedacht? Dann sei „The Harmony Codex“ dringendst ans Herz gelegt. Unschwer zu erraten, was der Künstler im Schilde führt.
Schlappe drei Minuten darf das von munteren Elektrobeats vorangetriebene Eröffnungsstück „Inclination“ instrumentale Pirouetten drehen und sogar eine Kunstpause einlegen, bevor der Gesang einsetzt. Völlig klar, das Album will Gelegenheit bieten sich einzulassen, um an zweiter Stelle bei „What Life Brings“ zu pinkfloydischer Akustikgitarrenmelancholie auf den Punkt zu kommen.
Überhaupt scheint Steven Wilsons siebtes Studiosoloalbum ein spiegelverkehrtes „The Dark Side Of The Moon“ zu sein. Dort das Uhrenläuten in „Time“, ein Geldmünzengeklimper in „Money“ und ähnliche Alltagsgeräusche gedacht als Hinweis, dass das Sinnieren des Erzählers die reale Lebenswirklichkeit betrifft. Umgekehrt unterbreitet „The Harmony Codex“ das Angebot, sich Umständen, die weitaus komplexer und krisengeschüttelter sind als vor fünfzig Jahren, zu entziehen und auf sich selbst zurückgeworfen seinen Umgang mit den Verhältnissen zu überprüfen.
© Talkingmusic, 5.11.2023