Text: Karl Lippegaus
Köln, 03.05.2015 | Mit dem atmosphärischen Opener „So much water so close to home“ aus seiner neuesten CD „West“ hat der Cellist Vincent Courtois aus Paris den vielleicht treffendsten musikalischen Beitrag zur Tragödie der Migranten im Mittelmeerraum geliefert. Den deutschen Jazzhörern ist er vor allem bekannt durch die Bands von Louis Sclavis. Seit 25 Jahren gibt es sein Duo mit dem Geiger Dominique Pifarély, zu dem hin und wieder auch Sclavis stößt. Absolut hörenswert ist seine Kooperation mit dem afrikanischen Rap-Poeten Ze Jam Afane. 2011 hatte Vincent Courtois ein faszinierendes Soloalbum veröffentlicht, das „L’Imprévu“ heißt. Jetzt erscheint nach „Mediums“ ein fantastischer Nachfolger, die CD „West“, ebenfalls beim kleinen aber sehr feinen Plattenlabel, das zum Studio La Buissonne in der Provence unweit von Avignon gehört. Benjamin Moussay, Keyboarder im ‚Silk Quartet‘ von Louis Sclavis, war maßgeblich an der Entstehung der Hälfte der elf Courtois-Kompositionen beteiligt und bei einigen Stücken wirken noch die Holzbläser Daniel Erdmann und Robin Fincker mit. Im Zentrum des Geschehens jedoch steht das Cello von Courtois: als fesselnder Storyteller, manchmal vielstimmig wie ein imaginäres Orchester, mit der breiten Palette an Ausdrucksformen, die der große französische Improvisator sich über viele Jahre geschaffen hat. Sicherlich eines der schönsten von über tausend Jazzalben, die im Studio La Buissonne von Tonmeister Gérard de Haro bisher entstanden. Ich traf Vincent Courtois in Montreuil, wo er am östlichen Stadtrand von Paris lebt.
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