Open Sounds: Noise Music Teil 1
Was ist Noise-Musik? Ein Stil, eine Musikrichtung, eine Ästhetik? Solchen Fragen geht die einführende Sendung einer dreiteiligen Reihe zum Thema nach: Wo und wie ist Noise-Musik entstanden? Von Reinhold Friedl
Vereinzelte Geräuschexzesse belebten bereits den Rock’n’Roll der späten 60er und frühen 70er Jahre – heute sind sie längst Referenz einer radikalen Bewegung: befeuert vom Do-it-yourself-Geist und der plötzlichen Verfügbarkeit von Studiotechnik konnte spätestens Ende der 70er Jahre unversehens jeder Musik machen – und das hieß: auch jemand, der nie ein Instrument erlernt oder eine sonstige musikalische Ausbildung genossen hatte.
Im Umfeld der aus einem Performance-Kollektivs hervorgegangenen britischen Industrial-Aktivisten „Throbbing Gristle“ schossen zahlreiche Gruppen und Projekte wie Pilze aus dem Boden: Steve Stapeltons „Nurse with Wound“, „Whitehouse“, „The New Blockaders“ oder „Cabaret Voltaire“, um nur einige zu nennen.
Alles zwischen „musique-concrète-Collagen“ und radikalen Geräusch-Orgien war plötzlich möglich, begleitet von einer manchmal diffusen, aber immer provokativen Widerstandästhetik. Eigene Labels übernahmen die Veröffentlichung und Verbreitung: Throbbing Gristles „Industrial Music for Industrial People“ wurde Blaupause für viele Independant Labels, wie etwa „Mute Records“, das bald auch Musik kontinental-europäischer Gruppen wie „Laibach“ veröffentlichte.
© WDR 3, Open Sounds, 3.4.2021