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„Schnippeln, kleben, kleistern“ Musikalische Collagen von Mauricio Kagel, John Cage, Luciano Berio und Johannes Kreidler

Auseinanderschneiden und neu zusammensetzen – das ist das Prinzip der Collage. Wenn Komponisten die „Schere“ ansetzen, ist das Ergebnis eine „Musik mit Musik“. Sie eignet sich Fremdes an und kontextualisiert neu. In Sachen Copyright kann sie aber auch zum juristischen Problem werden.

Mit Adele Jakumeit

Die Formel „Musik mit Musik“ hat Provokationspotenzial. Schnippeln Komponisten an fremden Partituren herum, läuft es Verfechtern von Tradition und Werktreue kalt den Rücken herunter. Dabei führen viele solcher Klebearbeiten auf direktem Wege zur eigentlichen Substanz der zerschnittenen Musik. So brachte John Cage in seinem Musiktheaterzyklus „Europera“ (1987) zwei Jahrhunderte europäischer Operngeschichte auf den Punkt. Das Ensemblewerk „Ludwig van“ (1969) des Mauricio Kagel ist eine geniale Neukombination von Kammermusikschnipseln Beethovens, die ohne jede Ehrfurchtsstarre auskommt. Luciano Berio dagegen konfrontiert in seiner „Sinfonia“ eine Vielzahl musikalischer Zitate von Hector Berlioz‘ „Symphonie fantastique“ bis zu Richard Strauss‘ „Rosenkavalier“ mit seiner eigenen Klangsprache. Und Johannes Kreidler (*1980) treibt das Collage-Prinzip mit seinen „product placements“ (2008) aus 70.200 Fremdzitaten auf die Spitze.

Musikalische Collagen von Mauricio Kagel, John Cage, Luciano Berio und Johannes Kreidler – mit dem Frankfurter Opernhaus- und Museumsorchester, dem BBC Symphony Orchestra und dem Ensemble LUX:NM

© HR 2, Konzertsaal, 13.6.2019

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