„Sie ist ihrer Zeit schlichtweg voraus“ die Schriftstellerin Brigitte Reimann

Carsten Gansel über die Schriftstellerin Brigitte Reimann und seine Biografie „Ich bin so gierig nach Leben“. Cornelia Geißler im Interview mit Carsten Gansel.

Es gibt so viel von Brigitte Reimann selbst, das von ihrem Leben erzählt. Herr Gansel, warum hielten Sie es für nötig, eine Biografie zu schreiben?

Das ist eine rhetorische Frage, oder? Weil vieles aus dem Leben bislang schlichtweg nicht bekannt war. Ich habe Tagebuchnotizen aus dem Jahr 1947 im Archiv gefunden und Brigitte Reimanns frühe Laienspiele untersucht, die bislang keine Rolle spielten. Wichtig sind die Gedichte aus der Jugendzeit, nicht veröffentlichte Geschichten aus den 50er Jahren. Unbekanntes Material zum Schriftstellerverband, zum 17. Juni 1953, den Arbeitsgemeinschaften junger Autoren oder den schlimmen Schauprozessen 1956/57. In all das war Brigitte Reimann involviert. Nicht zuletzt ging es um die vertiefte Auseinandersetzung mit den Aktivitäten der Staatssicherheit gegen die Autorin. Ganz abgesehen davon, ist bei Tagebüchern und Briefen immer auch ein Stück Selbstinszenierung im Spiel, etwa wenn sie über Bekanntschaften und Liebeleien mit Männern schrieb.



„Ich bin so gierig nach Leben“ heißt die Biografie, die vor wenigen Tagen im Aufbau-Verlag, Berlin, erschienen ist, 704 S., 30 Euro.

© Frankfurter Rundschau, Kultur, Literatur, 25.7.23

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