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„Südwärts, südwärts“ Hörspiel von Anselm Ruest, Hartmut Geerken

Ein deutscher Emigrant in Frankreich wird 1940 von französischen Autoritäten zusammen mit vielen anderen Leidensgenossen in einem Güterzug südwärts deportiert. Einerseits heißt es, die Emigranten sollten vor dem Zugriff der vorrückenden Nazitruppen geschützt werden, andererseits wurden sie wie Kriegsgefangene behandelt.

Der jüdische Emigrant, der libertäre Autor und Philosoph Anselm Ruest, schreibt während des mehrtägigen Transports und unmittelbar danach einen äußerst detaillierten dokumentarischen Bericht über diese Verschickung im verschlossenen Viehwaggon von Cépois nach Marseille.
Der Text fand sich in Ruests Nachlass. Die artifizielle Ausdrucksweise in klassisch gedrechselten Sätzen macht den beklemmenden Reiz dieses Berichts aus, vor allem im Hinblick auf die menschenunwürdige Situation, die er beschreibt. Hartmut Geerken hat sich diesem Text zu nähern versucht, indem er 1988 die aus Ruests Text vage rekonstruierte Strecke mit offenem Mikrofon nachfuhr. Was er akustisch einfangen konnte, hat nichts mehr zu tun mit Ruests Bericht. Fast 50 Jahre sind vergangen, und aus unverschweißten Gleisen sind verschweißte geworden. 1988 gibt es nichts, was an die von 1940 erinnert, es sei denn, dass die Orte, an denen Ruest und Geerken sich aufhielten, und die Strecken, die sie fuhren, deckungsgleich waren; aber auch das bleibt unsicher.

„Südwärts, südwärts“ Von Anselm Ruest, Hartmut Geerken
Realisation: Hartmut Geerken
Mit Peter Fricke
BR 1989 Länge: 47’33

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