Horace Parlan (1931-2017) ist keiner der ganz geläufigen Namen im Jazz. Und doch war er ein Pianist, der internationale Anerkennung durch Schallplatten erfuhr, die er in den 1970er Jahren in seiner Wahlheimat Kopenhagen einspielte.
Mit Hans W. Ewert
Der 1931 in Pittsburgh geborene Pianist hatte trotz einer körperlichen Behinderung beachtlichen Erfolg. Seine rechte Hand war in Folge einer Polioerkrankung in der Kindheit gelähmt, dennoch spielte er im Kontrast zu markanten Akkorden der Linken mit der gelähmten Hand ungebändigte, höchst rhythmische Phrasen, die Teil seines charakteristischen Stils wurden. Er bereicherte sein Spiel mit Blues und Soul, und spielte in einer starken, bisweilen raffiniert schlichten Art und Weise. Seine Soli lassen Einflüsse von Ahmad Jamal und Bud Powell erkennen. Führende Bandleader wie Charles Mingus, Dexter Gordon, Eddie Lockjaw Davis, Roland Kirk und Slide Hampton schätzten sein Pianospiel. Seit 1973 lebte Parlan in Europa und begleitete live und auf Plattenaufnahmen eine endlose Zahl amerikanischer Solisten auf Europatournee, von Ben Webster und Zoot Sims bis zu Archie Shepp und Idrees Sulieman. Seit ihrer gemeinsamen Zeit in einer der Workshop-Bands von Charles Mingus verband ihn eine besondere Beziehung mit dem bereits 1970 verstorbenen Tenorsaxofonisten Booker Ervin, dessen musikalischen Nachlass er in Form des Mitschnitts eines Konzerts vom Berliner Jazzfest 1965 er nach dessen Tod auf der LP „Lament for Booker Ervin“ zusammen mit einer gleichnamigen Solo-Improvisation veröffentlichte – sicherlich eine der bewegendsten Aufnahmen des Pianisten.
© WDR 3, Jazz & World, 20.11.2017