Bevor ein Jahr lang alle über Beethoven reden, reden wir mit Víkingur Ólafsson über Bach. Der Pianist erklärt, wie man Komponisten abstaubt und wie ein Flügel in eine isländische Fabrikhalle kommt.
Von Manuel Brug
Sitzt ein Mann am Flügel in einer isländischen Fischfabrik und spielt Bach. Das Prelude e-moll, BWV 855a in der b-moll-Transkription von Alexander Siloti. Das ist kein billiger Marketing-Gag um den originellsten Videoclip im Klassikhaifischbecken. Das war ernst gemeint, so ernst wie der Flügel, der wirklich in der echten isländischen Fischfabrik steht und dort immer noch, wenn auch nicht täglich, die Angestellten erfreut.
Víkingur Ólafsson hat ihn entdeckt, und er hat sich dort hingesetzt. Es musste so sein. Es war klar eigentlich und auch kompliziert, weil es kalt war und das Warten auf das richtige Licht dauerte. Doch das Ergebnis oszilliert in seiner grünblauen Lakonie irgendwo zwischen dem subversiven Wahnsinn eines Lars von Trier und Aki Kaurismäkis unendlich gebrochener Traurigkeit. Fehlt nur noch Björks fiepsige Reibeisenstimme? Bloß nicht! Das bleibt, wie es ist. Bach. Johann Sebastian. Sonst nichts…
© Die Welt, 2.1.2019