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Festival Glatt & Verkehrt 2017: „We Be All Africans“. Abdullah Ibrahim & Ekaya + Idris Ackamoor & The Pyramids

Mit Abdullah Ibrahim, der sich bis 1968 Dollar Brand nannte, kommt ein Pianist mit Band nach Krems, der dem Festival gewiss ein ganz spezielles Glanzlicht aufsetzen wird. Glatt&Verkehrt Gründer Jo Aichinger kennt Abdullah Ibrahim seit vielen Jahren – hat er ihn doch bereits vor mehr als 30 Jahren (und zwar gleich zweimal) nach Niederösterreich geholt, konkret ins Jazzpodium Thürnthal, einer der allerersten Adressen für improvisierte Musik ums Jahr 1980.

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ABDULLAH IBRAHIM & EKAYA (SOUTH AFRICA/USA)

Als Adolphe Johannes Brand 1934 in Kapstadt zur Welt kam, sah diese noch ganz anders aus: Der gierige Kolonialismus europäischer Provenienz sollte noch Jahrzehnte den Kontinent in Schach halten, bevor eine Unabhängigkeitswelle ungeahnte Energien freisetzte. In Südafrika gab es zwar seit 1910 einen eigenen Staat, doch der Machtkampf einander bekriegender britischer und niederländischer Kräfte ließ den Afrikanern in Südafrika praktisch keinerlei Einfluss oder politische Bedeutung übrig.

Als schließlich in den 1990er die Apartheid abgeschafft wurde, spielte Abdullah Ibrahim (der seit 1968 zum Islam konvertierte) bei der Amtseinführung von Nelson Mandela. Ibrahim war damals längst der berühmteste Jazzpianist Südafrikas und hatte durch die Verbindung traditioneller Elemente mit – teilweise sehr freien – Jazz-Formen eine unvergleichliche, sofort erkennbare Tonsprache gegründet. Die Volksmusik seiner Eltern führte er mit dem Jazz der 1960er zusammen, spielte zeitweise im Duett mit Schlagzeuger Max Roach sowie an der Seite von Ornette Coleman und John Coltrane. In den 1970er und 80er Jahren war Ibrahim auf intensiven Konzertreisen, die ihn, 1979 und 1981, auch ins legendäre Jazzpodium Thürnthal führten. Das Programm dort machte ein gewisser Jo Aichinger.

1983 gründete Ibrahim die Band „Ekaya“ („Heimat“) mit der er nach wie vor unterwegs ist.
Das faszinierende an der Musik des feinfühligen Pianisten ist wohl die Verbindung aus komplexen, durchdachten Strukturen mit einfachen harmonischen Progressionen, alles gegossen in eine zutiefst spirituelle Musikhaltung. Niemand kann sich dem magischen Sog seiner Idee von Musik entziehen.

Abdullah Ibrahim hat über 40 Platten aufgenommen.
„The Homecoming Song“, „The Wedding“, „Capetown Flower“ oder natürlich „African Marketplace“ sind längst in den Kanon der Jazzgeschichte eingegangen.
(Albert Hosp)

Besetzung:

  • Abdullah Ibrahim, Piano
  • Noah Jackson, Bass, Cello
  • Will Terrill, Drums
  • Cleave Guyton Jr., Altsaxophon, Flöte, Klarinette, Piccolo
  • Lance Bryant, Tenorsaxophon
  • Andrae Murchison, Posaune, Trompete
  • Marshall McDonald, Baritonsaxophon

IDRIS ACKAMOOR & THE PYRAMIDS „WE BE ALL AFRICANS“ | USA

Die 1970er Jahre sahen eine intensive Beschäftigung US-amerikanischer Künstler mit verschiedenen kulturellen Aspekten des afrikanischen Kontinents. Gerade die radikale Phase, in der der Jazz „free“ geworden war, hatte eine deutliche Besinnung auf die afrikanischen Wurzeln mit sich gebracht. So tourte auch der gerade 20 gewordene Saxophonist Idris Ackamoor aus Chicago mit seiner eben gegründeten Band The Pyramids durch Afrika und veröffentlichte im Laufe des Jahrzehnts aufgrund jener Erfahrungen gleich drei Alben, in denen es vor Funk und Fusion nur so brodelte. 1977 gab die Band zwar ihr damals letztes Konzert, doch der Abschied von der Bühne sollte nicht für immer sein. 40 Jahre später gibt sich der „West Coast Maverick“ die Ehre bei uns. Durch die steigende Nachfrage nach seiner hochenergetischen Musik war bereits um 2007 eine Reunion-Tour zusammengestellt worden, unter tatkräftiger Beteiligung der Berliner Agentur Planet-Rock. In Berlin entstand auch die aktuelle CD „We Be All Africans“.

Ackamoor lebt heute in San Francisco und leitet u.a. die Cultural Odyssey Company. Mit den neuen “Pyramids” erzählt er nicht weniger als die Geschichte zwischen Afrika und der Neuen Welt, mischt karibische Rhythmen mit Blues-Harmonien, verbindet hymnische Passagen aus der Gospel- Tradition mit erdigem Afro-Funk.

Besetzung:

  • Idris Ackamoor, Altsaxophon, Tenorsaxophon, Gesang, Keytar, Percussion
  • Sandy Poindexter, Violine, E-Violine, Gesang
  • David Molina, E-Gitarre, Flöte, Gesang, Electronics,Percussion
  • Skyler Stover, Akustik- & E-Bass, Gesang
  • Sandor Moss, Schlagzeug, Congas, Gesang, Percussion
  • Bradie Speller, Congas, Gesang, Percussion

 

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