Musiktipps

Nachruf auf Gary Brooker: Blasser als bleich von Harry Nutt und weitere Nachrufe

Seine berückende Stimme machte Procol Harum besonders: Zum Tod von Gary Brooker

Die Hammond-Orgel gab den Ton vor für eine Generation im Aufbruch. Aber anders als in Scott McKenzies „San Francisco“, worin eine konkrete Ortsangabe und Kleidungsvorschriften – Blumen im Haar – gemacht wurden, war das im Jahr 1967 herausgekommene Lied „A Whiter Shade Of Pale“ düster gefärbt. Eine gewisse Grundlosigkeit schwebte im Raum, und irgendwas machte seekrank. Zu viel Alkohol?



Von weiteren Drinks ist die Rede, aber das Schwinden der Sinne lässt andere Substanzen vermuten. Es war, als würde die Zimmerdecke abheben, und das Gesicht einer jungen Frau wurde blasser als bleich. All das wurde vorgetragen mit Gary Brookers berückender Stimme. Trotz der bedrohlichen Beschreibung eines wilden Drogenrauschs hatte der schnell zum Hit werdende Song von der Band Procol Harum etwas Sehnsuchtsvolles, sogar beruhigendes. Ein Märchen wird erzählt, und obwohl die Augen weit aufgerissen sind, hätten sie genauso gut auch geschlossen sein können.



© Frankfuter Rundschau, Kultur, Musik, 23.2.2022


Sein bleicher Schatten von Edo Reents

Jeder kennt „A Whiter Shade of Pale“, auch wenn er nicht weiß, was es bedeutet. Gary Brooker, sein Komponist, ist jetzt mit 76 Jahren gestorben. In Alan Parkers Soul-Denkmal „The Commitments“ (1991) spielt der Song „A Whiter Shade of Pale“ eine gewisse Rolle, obwohl er mit Soul gar nichts zu tun hat. Er steht beispielhaft für die Bereitschaft von Rockfans, unverständliche Texte für wichtig zu halten. „We skipped the light fandango / Turned cartwheels ‘cross the floor / I was feeling kinda seasick / The crowd called out for more“: Zuerst ist das zwar rätselhafte, aber irgendwie bedeutende Poesie; am Ende, auch am Ende aller Illusionen, sagt einer zum andern, dass es sich dabei einfach nur um Mist handele. Aber das ist nur die Pointe für einen Film.



© FAZ, Feuilleton, 23.2.2022


Ein Lied wie der wildeste Trip

Gary Brooker hat einen der wehmütigsten Songs der Musikgeschichte gesungen: „A Whiter Shade of Pale“. Ein Nachruf. Von Willi Winkler.

Verstanden hat es keiner, obwohl Gary Brooker sehr viel deutlicher artikulierte als, sagen wir mal, Bob Dylan. Die Szene spielt offenbar in einer Bar, aber dem Sänger wird schwindlig. Er bestellt mehr, der Boden dreht sich, die Decke fliegt weg, geisterhaft erscheint eine Frau, gefolgt von sechzehn vestalischen Jungfrauen, und dann wird sie sogar noch einen Hauch leichenblasser, bis alles davontreibt, auf die See hinaus oder in das Wunderland von Alice.



© Süddeutsche Zeitung, Kultur, 22.2.2022

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