Musiktipps

R.I.P. Tony Oxley (1938 – 2023)

Martin Schray vom Freejazzblog hat für den verstorbenen Schlagzeuger einen wunderbaren Nachruf geschrieben. Den ich zum Teil übersetzen ließ. Ich hatte das Glück, Tony Oxley ein paar Mal live zu erleben – kompromisslos und unverwechselbar! Legendär sind seine Duo-Konzerte mit Cecil Taylor!

Einmal wollten Jost Gebers, der Mann hinter dem bahnbrechenden Plattenlabel FMP, und Tony Oxley Oxleys Schlagzeugequipment in einem VW-Bus von West- nach Ost-Berlin bringen. An der DDR-Grenze wurden sie von einem Wachmann kontrolliert, der sich wunderte, was für seltsames Zeug da transportiert wurde. Gebers erklärte ihm, dass Oxley Schlagzeuger sei. Als der Grenzer dann eine Geige fand, war die Sache für ihn klar. Oxley musste ein musikalischer Clown sein. Nun ist Tony Oxley, der alles andere als ein Clown war, sondern ein phänomenaler Klangforscher, Perkussionist, Geiger und Elektronikmusiker, nach langer Krankheit gestorben.



Oxley wurde in Sheffield geboren und brachte sich selbst das Schlagzeugspielen bei. Als er zur britischen Armee eingezogen wurde, wurde er Schlagzeuger im Militärorchester. Während seines Dienstes konnte Oxley in die Vereinigten Staaten reisen, wo er Jazzgrößen wie Art Blakey, Horace Silver und Philly Joe Jones live erleben konnte. Diese Menschen live zu erleben, war eine lebensverändernde Erfahrung. Zurück in Sheffield, gründete er eine Jazz-Combo, die er drei Jahre lang leitete. Im Jahr 1963 hatte er eine weitere entscheidende Begegnung: Er traf den Gitarristen Derek Bailey, der gleich um die Ecke wohnte. „Ein einmaliger Zufall“, so beschrieb Oxley das Treffen gegenüber dem deutschen Musikjournalisten Bert Noglik. Mit dem Bassisten Gavin Bryars gründeten sie ein Trio namens Joseph Holbrooke (die Band wurde nach einem längst verstorbenen britischen Komponisten benannt). Die Gruppe spielte zunächst Jazz-Standards, wandte sich aber schnell anderen Musikrichtungen zu, je nach den Interessen der drei. Bryars interessierte sich für avantgardistische klassische Komponisten, Oxley für die radikaleren Vertreter des zeitgenössischen Jazz und Bailey für beides. Improvisierte Musik war der gemeinsame Nenner, der das Trio am Laufen hielt. Es handelte sich dabei um Musik, die damals in England oder anderswo in Europa praktisch unbekannt war. Laut Oxley und Bailey entwickelte sich diese Musik im Laufe des Spiels von Joseph Holbrooke praktisch von selbst. 1967 zog Oxley nach London. Schon bald hatte er sich als Hausschlagzeuger in einem der beliebtesten Jazzclubs der Stadt etabliert: Ronnie Scott’s. Obwohl Oxley in seiner eigenen Musik bereits über den traditionellen Jazz hinausgegangen war, genoss er es, mit den Spielern aufzutreten, die den Jazz miterfunden hatten – Legenden wie Ben Webster, Joe Hendeson, Stan Getz und Bill Evans. So entwickelte er einen unverwechselbaren rhythmischen Stil. Er war in der Lage, den Takt in Form von polyrhythmischen Beats zu spielen, ohne den ursprünglichen Groove zu verlieren, um ihn später wieder aufzugreifen. Für viele Musiker war er eine echte Herausforderung. © Text: Martin Schray / Freijazzblog.org




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