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Thomas Heise: Von einem, der nach beständiger Wahrhaftigkeit suchte

Ein Nachruf von Gerd Kroske. Der Berliner Regisseur Thomas Heise machte nicht bloß großartige Dokumentarfilme, er schuf ein Kaleidoskop der ostdeutschen Wendeerfahrung. Sein Tod reißt eine Lücke in den deutschen Film. Die Erinnerung eines Weggefährten.

Unser erstes Aufeinandertreffen, dem eine Zusammenarbeit an seinem Film »Imbiss Spezial« (DDR, 1989) folgte, war bizarr. Hatte ich allzu sehr von meinem grandiosen Bildungserlebnis mit seinem Vater Prof. Wolfgang Heise geschwärmt, in dessen Oberseminar ich war?

Er, sein Vater, war eine Lichtgestalt, die das eigene Denken in Schwung bringen konnte. Und von dieser Erfahrung erzählte ich damals mit Begeisterung seinem Sohn. Thomas Heises Reaktion darauf war für mich sehr ernüchternd: Er, der von der Staatlichen Hochschule für Film und Fernsehen der DDR »Konrad Wolf« in Potsdam-Babelsberg aus dem Regiestudium vergrault worden war, meinte zu meinen begeisterten Schilderungen nur lakonisch: »Ich kenne meinen Vater nur am Schreibtisch von hinten.«



© Der Spiegel, Kultur, 31.5.2024

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