Medientipps

„There is worse to come“ Joseph Conrad wird als Kritiker des russischen Despotismus entdeckt

Von Udo Wolter (JungleWorld). Der vor 100 Jahren verstorbene polnisch-britische Schriftsteller Joseph Conrad hat nicht nur die Kolonialgewalt der Europäer angeklagt, sondern auch die imperial-kolonialistische Herrschaft Russlands. Auch die Komplizenschaft des Deutschen Reichs findet sich bei ihm beschrieben.

Joseph Conrad ist vor allem als Verfasser von Seefahrer- und Abenteuerromanen mit kritischen Bezügen auf den europäischen Kolonialismus bekannt, insbesondere durch seine Novelle »Herz der Finsternis« (»Heart of Darkness«, 1899). Wegen seiner modernistischen Erzähltechnik und der abgründigen, von inneren Widersprüchen und Konflikten gezeichneten Charaktere gilt er auch als Wegbereiter des modernen englischen Romans.

Vergleichsweise wenig Beachtung findet Conrad dagegen als scharfsinniger Kritiker russischer Herrschaftsansprüche, mit denen er nicht zuletzt durch seine osteuropäische Herkunft von Kindesbeinen an konfrontiert war. Im Zuge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und der damit verbundenen kritischen Revision der russischen Geschichte weitet sich nun aber der Blick auf das Werk Conrads.

Unter russischer Herrschaft

Als Conrad vor 100 Jahren im britischen Bishopsbourne bei Canterbury starb, verlor die Literaturwelt einen großen Stilisten der englischen Sprache. Dabei hatte er erst mit Anfang 20 begonnen, Englisch zu lernen.

Conrad wurde im Jahr 1857 als Józef Teodor Konrad Korzeniowski im rund 180 Kilometer südwestlich von Kiew nahe Schytomyr gelegenen Ort Berdytschiw geboren, damals ein wichtiges Zentrum jüdischen Lebens. Das heutzutage der westlichen Zen­tralukraine zugehörige Gebiet war seit 1795 als Ergebnis der polnischen Teilungen ein unter russischer Verwaltung stehender Teil Polens. Er wuchs zweisprachig auf, seine Muttersprache war Polnisch, Französisch war ihm als Umgangssprache geläufig.



© Jungle World, 8.8.2024

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert