Medientipps

Alan Bangs „Nightflights“ oder „Hat Hendrix wirklich gespielt?“ Meine Sommer Hits!

Was der Radiohörer gerade liest ist nicht nur die Geschichte von Bernd Witthüser, die mich seit Tagen fesselt und uns Einblicke in das Leben eines Musikers gewährt, es sind auch die Geschichten eines Radiohelden namens Alan Bangs, die mich wieder in die alte Zeit versetzen, als das Radiohören noch etwas von Entdecken hatte und eine Inspiration sein konnte.

Wir können uns freuen, dass Bernd Witthüser ca. 2015/2016 Michael Fuchs-Gamböck seine Erinnerungen in die Hand drückte, mit den Worten: „Is’ exklusiv, also halt’ dein Augenmerk darauf. Du bist der richtige Archivar.“ Und schwups, hielt Michael Fuchs-Gamböck ein Büchlein zwischen den Fingern, eine Art Tagebuch eines Durchgeknallten, das Auslöser und wesentlicher Teil dieser Veröffentlichung ist.



Für mich sind es die Erinnerungen eines Freigeistes, eines Unangepassten, der mit seiner Musik und vielen bewusstseinserweiternden Mitteln seinen Weg durchs Leben gefunden hat. Unter der Führung des Produzenten Rolf-Ulrich Kaiser waren sie einige Jahre erfolgreich, doch die Charts stürmten sie allerdings nie und trotzdem kennt man sie noch heute. Allein die Geschichten als Straßenmusiker, oder als Duo Witthüser & Westrupp lohnen diesen schmalen Band zu lesen. Dazu zählt auch der Text von Michael Fuchs Gamböck über Witthüser & Westrupp, den „Krautrock“ und die damalige Zeit.

Ich möchte mich bei Michael Fuchs-Gamböck und dem Andreas Reiffer Verlag bedanken, die so eine unangepasste Veröffentlichung wagen und ihr eine Chance geben. Es ist bewundernswert, was kleine Verlage sich trauen und dieses Risiko eingehen. Diese Vielfalt ist heute wichtiger den je.


Link zur Leseprobe



Alan Bangs werden heute nur noch die älteren Radiohörer kennen, denn seit 2013 hat er keine eigene Radiosendung mehr. So kann seine Art Radio zu machen nur schwer neue Freunde finden. Dennoch gibt es viele Fans, die seine Sendungen nach wie vor lieben und schätzen. Denn gerade heute, wo im deutschen Rundfunk Formlosigkeit angesagt ist, ein Unwort wie „Durchhörbarkeit“ sich in den Chefetagen etabliert hat, macht Radiohören keinen Spaß mehr. Zumindest im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. ByteFM ist da eine Ausnahme oder wenn Karl Lippegaus eine Radionacht machen darf. Das gibt dann Anregungen für mehrere Wochen.

Die Radiosendungen von Alan Bangs waren etwas Besonderes. Er reicherte sie mit Geschichten über Musiker an, lud sie auch in seine Sendungen ein und ließ seinen Ideen freien Lauf. So spielte er in seiner Sendung verschiedene Versionen von Fever oder, wie ich selbst gehört habe, wippte er bei Prince und „Sign Of The Times“ so mit den Füßen, dass die Platte sprang und er den Titel wieder auflegte. Und so verbinden viele mit seinen Sendungen unvergessliche Momente, die sie ein Leben lang begleiten. Es entwickelte sich über die Jahre eine treue und wachsende Fangemeinde.



Er will etwas weitergeben, er will uns teilhaben lassen an seinen Entdeckungen und Erfahrungen. Ein wichtiges Mittel dazu sind seine Aufzeichnungen „Nightflights – Tagebuch eines Dee Jay“, die es seit vielen Jahren auch digital zu lesen gibt und die eine Fundgrube für Geschichten über Musik und Musiker sind. Und natürlich auch viele Geschichten, die ihm selbst passiert sind, vor allem in speziellen Interview Situationen.

1984 hatte er Scott Walker in seiner Sendung Nightflights zu Gast. Hier folgen einige Auszüge aus dieser Sendung.



6. April: Eine Zahnarztpraxis in Los Angeles und meine Traumsendung

…. Als ich David bat, uns zu beschreiben, was er vom Fenster aus sah, hatte ich auch noch eine andere Idee im Hinterkopf: eine besondere Radiosendung, die allerdings aufgrund ihres Konzeptes nicht live gesendet werden könnte, sondern in der Text und Musik zusammengeschnitten werden müssten, wie bei einem Film. Ich würde verschiedene Leute, bekannte oder auch andere (beispielsweise Brian Eno in New York oder Setsuko, meine Brieffreundin in Yokohama) bitten, irgendeine Situation, über die sie gern berichten wollten, auf Band zu beschreiben. Um bei den beiden Beispielen zu bleiben, Eno könnte das aufnehmen, was er sieht, wenn er in New York vor einer roten Ampel steht und Setsuko würde ihre Eindrücke beim Besuch eines Tempels in Kyoto schildern. Dann müssten sie mir ihre Aufnahmen nach Deutschland schicken, und ich würde die entsprechende Musik, die mir, aus was für Gründen auch immer, am besten dazu zu passen schiene, dazu mischen. Eine solche Sendung könnte natürlich auch auf nationaler Ebene laufen – es geht mir hier hauptsächlich um die richtige Zusammenstellung von Musik und Text. Die Kombination dieser beiden, ziemlich unterschiedlichen Faktoren könnte somit eine Fülle von neuen Assoziationen erzeugen; so gesehen wäre dann der Text eine Art Katalysator für die Musik...

© Text: Ein Auszug aus seinem Buch: „Nightflights – Tagebuch eines Dee Jay“.



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