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ECLAT 2016 – Chorkonzert mit dem SWR Vokalensemble Stuttgart

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Beat Furrer: Herbst
für zwei gemischte Chöre a cappella (2015)

Ansgar Beste: In the steppes of Sápmi
für (präparierten) Chor (2014)

Beat Furrer: Spazio immergente II
für 2 x 16 Stimmen und Schlagzeug (2015) UA (Kompositionsauftrag des SWR)

SWR Vokalensemble Stuttgart
Leitung: Marcus Creed

(Konzert vom 6. Februar im Theaterhaus Stuttgart)

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© SWR 2, JetztMusik, 24.2.2016

Beat Furrer: Herbst

Das Werk entstand auf Initiative des Deutschen Chorverbands und auf Anregung des Dirigenten Rupert Huber. Unter dem Titel „Frisch komponiert!“ wurden mehr als 80 Komponisten gebeten, kurze, neue/Neue Chormusik zu schreiben. Die erste Auswahl von 13 Werken, darunter Herbst von Beat Furrer, wurde am 2.10.2015 bei der Chor.Com, dem Branchentreff des Deutschen Chorverbands in Dortmund, durch das SWR Vokalensemble und Rupert Huber uraufgeführt.

Ansgar Beste: In the steppes of Sápmi

Sápmi ist das Sami-Wort für Lappland, die Kulturregion in Nordeuropa (Norwegen, Finnland, Russland), die traditionell von den Samen bewohnt wird. Der größte Teil von Sápmi liegt nördlich des Polarkreises, also in einem subarktischen Klima mit karger Vegetation und einer steppenartigen Landschaft. Nur ein paar Tiere können hier überleben: Rentiere, Wölfe, Bären und verschiedene Vogelarten. Die Samen haben ihre eigenen Volkslieder, die Joiks, von denen die meisten berühmte Persönlichkeiten
der Geschichte besingen, einige aber auch Tiere. Die grundsätzliche Idee des Chorstücks war es, diese Landschaft zu reflektieren, die Steppen Sápmis, indem sechs traditionelle samische Joiks verwendet werden, die folgende Tiere imitieren: die Eisente (Sopran), die Krähe (Mezzo), die Nordfalken-Eule (Alt), die Rentierkuh (Tenor), den Wolf (Bariton) und den Bären (Bass).

Joiks sind kurze Melodien, die während eines Vortrags viele Male wiederholt werden. Diese musikalische Wiederholungsstruktur, die möglicherweise mit der repetitiven steppenartigen Umgebung zusammenhängt, wurde zum kompositorischen Prinzip des ganzen Stücks. Die Komposition besteht aus vier Teilen: Der erste ist eine kürzere Umkehrung des letzten und funktioniert als antizipierter Höhepunkt. Die Teile zwei und drei lassen allmählich aus kleinen Zellen die sechs Joik-Melodien entstehen. Im zweiten Teil verbinden sich jene Joik-Fragmente mit Vokalpercussion und erweiterten Vokaltechniken. Im dritten Teil bilden sie einen sich steigernden komplexen Dialog, bis sie schließlich vollständig erscheinen. Der vierte Teil ist ein einziger polyphoner Joik. Er verwendet drei traditionelle Joik-Methoden zur Steigerung der Spannung: allmähliche (mikrotonale) aufwärts-Transposition der Joik-Melodien, allmähliches Accelerando durch verkürzte Einzelnoten und allmähliches Accelerando durch die Beschleunigung des Metrums. (Ansgar Beste)

Beat Furrer: Spazio immergente II

…dass nicht wie Flammen die Mauern des Weltalls
plötzlich entflieh’n in’s unermessliche Leere,
nicht nach oben entstürzen die donnernden Himmel
und die Erde dem Fuß sich reißend entziehe
im Sturz der Himmel
in hohler Tiefe verschwinde,
und nichts, kein Rest mehr bleibt –
verlassener Raum.
Lukrez, De rerum natura 1102-1110