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Filmtipp: „Joyland“ … im Spiegel der Presse …

„Joyland“ von Saim Sadiq ist vielleicht der beeindruckendste Film, den ich in diesem Jahr gesehen habe. Es ist die Tragödie, die entsteht, wenn eine Großfamilie an Traditionen, althergebrachten Normen und dem allgegenwärtigen Patriarchat zerbricht. Dazu habe ich hier 3 Kritiken herausgesucht. Verpasst diesen Film nicht!


Queerer pakistanischer Film „Joyland“: Enge und Sprachlosigkeit
Das Kinodrama „Joyland“ war der erste Beitrag Pakistans beim Filmfest in Cannes. Saim Sadiq erzählt darin von Transfeindlichkeit in seinem Land. Von Claudia Lenssen.

Der junge Pakistaner Haider (Ali Junejo), ein Mann von vielleicht 25 Jahren, hat das Gefühl, dass ihm nichts Eigenes gehört und sein Leben von anderen bestimmt wird. Saim Sadiqs Film „Joyland“ erzählt davon, wie Haiders Sehnsucht wächst, in eine offenere Lebenswelt auszubrechen. Das „erotische Theater“, das ihn mehr und mehr anzieht und für die unterhaltsame Showseite des Films sorgt, ist der patriarchalen Gewalt jedoch nicht weniger unterworfen.

Saim Sadiq schildert den Alltag im spannungsreichen Kosmos der fiktiven Mittelstandsfamilie Rana hinter den Mauern der Altstadt seiner pakistanischen Heimatstadt Lahore. Das letzte Wort hat hier immer der Vater, ein verstrubbelter Herrscher im Rollstuhl (Salmaan Peerzada), dem alle Entscheidungen vorzulegen sind, falls nicht der ältere Sohn in die despotische Rolle schlüpft.



© TAZ, Kultur, 11/2023



Joyland
Tragisches Drama um den Sohn einer pakistanischen Großfamilie aus Lahore, der sich in eine Transfrau verliebt. Von Irene Genhart.

Der junge Haider spielt im Innenhof eines städtischen Hauses mit drei kleinen Mädchen Verstecken. Mit im Haus befinden sich eine hochschwangere Frau und ein alter Mann im Rollstuhl. Als bei Nucchi die Wehen einsetzen, fährt Haider sie auf dem Motorrad ins Krankenhaus. Sie würde nach ihren drei Töchtern einem Knaben das Leben schenken, haben die Ärzte vorausgesagt. Doch erst als Nucchis Gatte Amanullah im Krankenhaus auftaucht und Haider aufgeregt anherrscht, wieso er ihn nicht als Erstes über die Geburt informiert habe, wird deutlich, dass die Beziehungsverhältnisse in der Familie Rana anders liegen.

Haider ist Nucchis Schwager. Die Kinder – auch das vierte ist ein Mädchen – sind Haiders Nichten. Der alte Rana Amanullah ist sein Vater. Auch Haiders Frau Mumtaz gehört zur Familie. Mumtaz ist praktisch veranlagt, weltoffen und lebenslustig. Sie arbeitet als Kosmetikerin in einem Schönheitssalon. Haider ist seit längerem arbeitslos und kümmert sich zusammen mit seiner Schwägerin um den Haushalt der Großfamilie.



© Filmdienst, 11/2023

Das Regiedebüt von Saim Sadiq ist der erste pakistanische Film, der je für den Auslandsoscar eingereicht wurde. Erzählt wird von einer Familie in Lahore, in der Rollenmuster und Identitätskonzepte ins Flimmern geraten. Von Patrick Heidmann.

Es dauert nur wenige Minuten, dann ist man mittendrin in der Welt von »Joyland«. Oder besser: mittendrin in den familiären Strukturen, um die es im Film des pakistanischen Regisseurs Saim Sadiq nicht nur, aber doch wesentlich geht. Nur eine Nebenfigur im Film, aber Zen­trum der Familie ist der im Rollstuhl sitzende Witwer Rana Amanullah (Salmaan Peerzada), genannt Abba. Das nicht gerade geräumige Apartment nahe einem Vergnügungspark namens »Joyland« in Lahore teilt er sich mit seinen beiden erwachsenen Söhnen und deren Familien. Saleem (Sohail Sameer) und Ehefrau Nucchi (Sarwat Gilani) werden gerade zum vierten Mal Eltern einer Tochter, obwohl doch nicht nur der Patriarch auf einen Jungen gehofft hat. Noch gar keinen Nachwuchs haben Haider (fantastisch: Ali Junejo) und Mumtaz (Rasti Farooq). Während sie ihren Alltag als berufstätige Frau genießt, geht er angesichts seiner Arbeitslosigkeit – und zu Abbas Missfallen – voll auf in seinen Onkel- und Hausmannpflichten. 



© EPD, 6.10.2023

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