Musiktipps

„Geistertöne“ Einer übt in die Nacht hinein. Eine andere hält vom Üben gar nichts – Interviews mit radikalen Musikern

Der Musikjournalist Christoph Wagner bringt in Gesprächen mit Musik-Originalen deren Leben und Werk näher. In den Kapitelüberschriften dieses Interview-Buchs ist von Klangutopien, Polyfonie und Diversität die Rede, auch von «Avantgarde in der flüssigen Moderne», «Elektroträumen» und «Afro-Futurismus». Von Andreas Schäfler

Das blumige Vokabular passt zu den musikalischen Grenzgängern, die auf die Fragen Christoph Wagners antworten. Viele von ihnen kennt bzw. kannte der Musikjournalist persönlich. Entsprechend unbefangen reden sie mit ihm über ihr künstlerisches Tun, das sie einfach nicht lassen können, selbst wenn es das Risiko einer Randexistenz mit sich bringt.

Für musikalische Radikalität scheint es jede erdenkliche Praxisform zu geben. Nehmen wir Borah Bergman und Marilyn Crispell, beide mit dem Klavier an der Peripherie der Jazz-Moderne zugange: Bergman übte wie ein Wahnsinniger und hackte sogar, wenn er nachts nicht schlafen konnte, noch zum Fingertraining auf Tastaturattrappen herum. Crispell hält vom Üben grundsätzlich gar nichts….

Wagners neues Buch ist die Frucht einer lebenslangen Passion und ein überzeugender Beitrag zur Entmystifizierung eklektischer Kunst. Vor allem aber fordert es dazu auf, sich ebenfalls den Tönen dieser Geister auszusetzen.

© NZZ, Feuilleton, 8.6.2021

Christoph Wagner: Geistertöne. Gespräche über Musik jenseits der Genregrenzen (Schott-Verlag, Mainz 2021, 172 S., Fr. 41.90).

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