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Hörspiel: „Das Rätsel der Qualia – Eine Versuchsanordnung“ Von Sabine Worthmann

Die Hirnforschung hat Konjunktur – und in den vergangenen Jahren mächtig an der Hegemonie der Geisteswissenschaften gerüttelt. Kritiker meinen, das ganze Tamtam um die Errungenschaften der Neurowissenschaften sei ein wenig übertrieben, denn schließlich fährt das Gehirn kein Fahrrad.

Karl Lukowski, ein in die Jahre gekommener Drogeriefachberater, wird seit dem Tod seiner Mutter von unerklärlichen Poltergeistphänomenen heimgesucht. Ein Fall für die so renommierte wie passionierte Hirnforscherin Dr. Karosinskaya. Lukowski ist angeflanscht an das hochpotente Express-35-Brain-Interface; es ermöglicht die Übertragung komplexer neurophysiologischer Prozesse in 5.1 Surround und 3D. Feinmolekulare Strukturen werden enthüllt, Innengeplapper erlauscht, Ich-Modelle, Gefühle und selbst Träume werden im neuronalen Netz dingfest gemacht. Frau Doktor kreist beim Durchkämmen der Hirnlappen auch die letzten Schlupfwinkel des subjektiven Geistes ein. „Wo ist denn nun Ihr Selbst?“ bellt sie den Levitationskörper ihres Probanden an, der gerade eine „taggebläute Reise in sein Innengehäuse“ unternimmt.

Zur Ursendung hieß es in der Funkkorrespondenz:
„Das wissenschaftliche und pseudowissenschaftliche Gerangel um die menschliche Seele wird hier zu einer köstlichen akustischen Posse verdichtet, gespickt mit schrägen Tönen, Klamaukgeräuschen und Nonsens-Reimen. Und man versteht allmählich, warum das Hörspiel in 5.1-Surround-Technik produziert wurde: denn das ist ja auch ein Wiedergabe- und Aufzeichnungsverfahren, das nicht auf Natürlichkeit, sondern auf die Überhöhung der natürlichen Wahrnehmung zielt.“

Das Rätsel der Qualia – Eine Versuchsanordnung | Von Sabine Worthmann

Mit Hille Darjes, Stefan Kaminski und Rainer Homann.
Komposition & Regie: Sabine Worthmann
hr 2011

SABINE WORTHMANN, geboren 1959, lebt als Audiomotorikerin in Berlin. Mit Kontrabass, Kinderspielzeugen, Schusswaffen und Schnapsflaschen veranstaltete sie bunte Abende mit elektroakustischem Borderline-Kitsch, Hardcorejazz und Improvisationsbagatellen. Spielte sich durch diverse Downtownclubs in New York, kollaborierte mit „spoken-word“-artists, Radio WBAI und unterhielt in St. Pauli lange eine gutgehende Nachtclubkapelle. Seit mehr als zehn Jahren vorwiegend Kompositionen für Theater, Hörspiel, Film und Klanginstallationen.

© HR 2, Hörspiel, 27.5.2018

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