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Impressionen vom Ruhr Jazzfestival 2019

Mein erster Jazzfestival – Besuch seit Jahren, ein Wiedersehen und -hören mit alten Helden und unzweifelhafte Erinnerungen an die Jazzwerkstatt Peitz im Zusammenhang mit den vier Trio Konzerten am Sonntag. So waren dann diese Konzerte eine gute Übersicht über den Stand des Trio’s im aktuellen Jazz.

Der Auftakt am Freitag begann mit dem Jonas Burgwinkel Trio. Leider war im Trio von Jonas Burgwinkel er selbst als Schlagzeuger so dominant, dass die anderen beiden gar nicht hörbar waren und Benoît Delbecq mit seinem wunderbaren Spiel und Ideen leider unterging. Ich hatte schon fast das Gefühl, dass Jonas Burgwinkel von seiner Power her zu Ginger Baker überleiten wollte.
Doch das Konzert mit Ginger Baker hatte einen ganz faden Beigeschmack, denn er kämpfte mit gesundheitlichen Problemen und war weit entfernt von seiner früheren Kraft. Im Gespräch mit Uli Blobel wurde schnell klar, dass ihm auch nicht bewusst war, in welchem Zustand sich Ginger tatsächlich befindet.
Wie sollte er sich als Veranstalter entscheiden, was wäre eine bessere Lösung gewesen ?

Der Samstag stand im Zeichen von Tomasz Stanko. Über sein Leben und Wirken als Jazzmusiker sprachen Bert Noglik, Uli Blobel, Wolf Kampmann und Thomas Krüger. Er ist noch sehr gegenwärtig und gerade Bert Noglik konnte so manche Geschichte erzählen und von Thomas Krüger konnten wir erfahren wie es trotz aller Widerstände einem als DDR Bürger gelang zur Jazz Jamboree nach Warschau zu fahren. Und wer bei Uli Blobel genau hinhörte konnte auch erfahren wie es zu der Idee für Peitz kam. Sehr anrührend war das Solo Konzert von Bronislaw Suchanek am Kontrabass, der in Tomasz Stanko’s berühmtem Quintett mitspielte.

Einen sehr bleibenden Eindruck machte das Trio mit Barre Phillips, Urs Leimgruber und Jacques Demierre, das mit Thomas Lehn am analogen Synthesizer erweitert wurde. Was hier an Klängen gezaubert wurde und wie sich Momente der Stille, des Innehaltens mit lauten Attacken abwechselnden. Das war ein Erlebnis !

Foto: Barre Phillips Quelle: WAZ

Es war ein bewegender Moment als Barre Phillips sehr theatralisch seinen Bass weglegte, danach seine Brille und Basecap. Und ganz zum Schluss sagte er in die Runde: And The Story goes on and on and on …. !
Der junge Pole Tomasz Dabrowski an der Trompete wird als Nachfolger von Tomasz Stanko gehandelt. Sein sehr langes Solo Konzert überzeugte zwar durch sein technisches Können, aber es fehlte am Willen zu einer gewissen Form oder einem Bogen über die gesamte Zeit.

Seltsam deplaziert empfand ich das Adam Baldych Imaginary Quartet. Ihre Kompositionen konnten nicht wirklich überzeugen, auch wenn sie prominente Komponisten als Ideenspender angaben.
Sie klebten zu sehr an den Noten. Da war nichts lebendig, kein Feuer. Da konnte auch „Sleep safe and warm“ von Krzysztof Komeda nichts ändern.
Ohne die treue Fangemeinde wäre es noch seltsamer und befremdlicher geworden.

Ein Highlight am Sonntag war das Trio Peter Ehwald, Stefan Schultze und Tom Rainey. Sehr geschickt war Ihre Mischung aus komponierten Teilen oder auch abgesprochenen und freien Improvisationen. Die große Klasse und Erfahrung von Tom Rainey zeigte sich in seinem geschickten Interplay ohne laut werden zu müssen. Er hielt alles zusammen und konnte gute musikalische Akzente setzen. Ein sehr spannendes Konzert ! Sehr schön war auch zu sehen wie sich Stefan Schultze später mit Alexander von Schlippenbach lang unterhalten hat.

Das Finale konnte mit Jamie Saft, Steve Swallow und Bobby Previte nicht besser sein. Was die drei an Energie und Spielfreude boten war einfach wunderbar. Dass die gute alte Hammond Orgel so toll swingen kann und Bobby Previte dazu am Schlagzeug quasi explodierte … war ein Fest für alle !

Die vielen guten Gespräche bleiben mir in Erinnerung. Sei es mit Uli Blobel über alte Zeiten, mit Thomas Krüger über den Wegfall des Jazz im WDR 3.  Was er wie ich, sehr alarmierend findet und hofft, dass die Politik hier eingreift, um das öffentlich rechtliche Radio an seinen Auftrag zu Erinnern. Wohingegen Wolf Kampmann mir erzählte, dass viel im Umbruch und in Planung ist und es wohl Jazzsendungen im Internet geben soll. Dieses öffentlich rechtliche Radio wird nach seiner Meinung nicht mehr lange existieren. Das hatte ich schon einmal gehört …
Mit wichtigen Menschen habe ich mehr gemeinsam als Gedacht, auch das eine schöne Entdeckung im fernen Bochum.

Ganz deutlich wurde mir, wie wichtig es ist, sich mit dem wachsenden Alter der Musiker und Zuhörer auseinander zusetzen. Auch wenn es ein Genuss sein kann erfahrene betagte Musiker in Aktion zu erleben, ist die Frage, wie groß der Genuss sein kann, wenn die Gesundheit der Musiker ihre Fähigkeiten einschränkt. Wir wissen alle, dass sie das Geld brauchen, auch wenn wir nicht darüber sprechen. Aber wie wollen oder sollen wir damit umgehen ?
Eine Legende wie Ginger Baker wirkte nur noch wie ein Schatten seiner selbst.
Alexander von Schlippenbach hat so leise gespielt, dass sich die Zuhörer näher setzten mussten, um sein Klavierspiel zu hören.
Barre Phillips dagegen wirkte mit seinen 84 Jahren vital und fexibel, auch das geht.
Es bleibt die Frage, ob sich die Musiker selbst einen Gefallen tun, wenn sie mit gesundheitlichen Problemen öffentlich auftreten.

Für Fotos vom Festival möchte ich auf den NRWJazzblog verweisen. Hier hat Heinrich Brinkmöller-Becker seine Fotos veröffentlicht und selbst seine Gedanken zum Festival aufgeschrieben.

2 Gedanken zu „Impressionen vom Ruhr Jazzfestival 2019

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