Musiktipps

Jazzfest Berlin 2022: „Traumklänge und Schaumbäder“ Von Tobias Lehmkuhl

Vielgestaltig, aber geschmackssicher: Beim Jazzfest Berlin hört man fauchende Feuerlöscher, transsylvanische Folksongs und Klänge von universeller Schönheit. Peter Brötzmann gibt sich am Saxophon als lyrischer Berserker.

Ist das noch Free Jazz, oder ist es schon Quatsch? Als beim Jazzfest Berlin Sven-Åke Johanssons „Ouvertüre für 15 Feuerlöscher“ zur Aufführung kam, war die akustische Ausbeute auf jeden Fall gering: Es fauchte ein bisschen, prasselte kurz im Auffangbecken, dann röchelte und sprotzte es, bis bald der letzte Schaum und das letzte CO2 aus den Löschpistolen tropfte und puffte. Das ist wirklich Musik, die jeder ohne große Übung zu Hause nachspielen kann. Macht man aber natürlich nicht. So freute sich das Publikum im ausverkauften Haus der Berliner Festspiele, dass es der Pionier des europäischen Free Jazz für das Kind in einem jeden Zuhörer und Zuschauer tat und einen solcherart für einen langen Abend durchlockerte.

Johanssons Verbeugung am Dirigentenpult blieb nicht seine einzige während dieser 59. Ausgabe des Jazzfests. Dem in Berlin lebenden gebürtigen Schweden war ein Schwerpunkt gewidmet, wie es überhaupt an Schwerpunkten nicht mangelte in diesem Jahr: Der Free Jazz an sich wurde beleuchtet, genauso die amerikanische Tradition des Spiritual Jazz, und als Reaktion auf den Einmarsch Russlands in der Ukraine widmete sich eine ganze Programmabteilung der Verbindung zwischen Jazz und ost- und südosteuropäischer Folklore.




FAZ, Feuilleton, 7.11.2022

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert