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John Cale: Er ist nicht der Arzt, er ist der Schmerz

Der Brite hat mit 73 Jahren sein depressives Meisterwerk „Music for a New Society“ von 1982 neu eingespielt. Auf „M:Fans“ ist von der alten Lebensmüdigkeit dank „moderner“ Elektronik nur noch wenig zu spüren Wien – Anfang der 1980er-Jahre war die Sache mit dem Nihilismus in den ausklingenden Nachwehen des Punk eigentlich wieder gegessen. Die Popwelt außerhalb der Hitparaden bewegte sich von Schwarz zumindest Richtung mittelgrauer Nadelstreif und speziell in England trotz Falkland-Kriegs auch Richtung Seitenscheitel, POP! (groß und mit Rufzeichen) oder gar Villa Kunterbunt. Die Gothic-Szene war schon damals in den Erbfolgekriegen Joy Divisions eine trübe, fade Suppe für Leute, denen Thomas Bernhard zu hart war. Und wer wirklich nicht mehr leben wollte, hörte Kajagoogoo.

Es war also einem schon damals alten Knacker wie John Cale vorbehalten, 1982 eines der mieselsüchtigsten Alben aller Zeiten aufzunehmen, für das The Cure um Robert Smith im selben Jahr mit Pornography nicht genug schwarze Energie zusammenkratzen konnten. Ian Curtis war 1982 nicht mehr, Nick Cave las zu viel in der Bibel herum, Cales alter Lebensfeind Lou Reed hatte sich gerade irgendwo in New York festgetrunken. Alle anderen sangen ohnehin Lalelu, wenn sie nicht mit Throbbing Gristle Auftrittsverbot hatten. Punkt.

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© derstandard.at, 26.1.2026, CHRISTIAN SCHACHINGER