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Jubiläumskonzert: 50 Jahre Kronos Quartet

Das Jubiläumskonzert aus dem Wiener Konzerthaus mit modernen Klassikern und neuen Werken, alle entstanden für das Kronos Quartet, darunter Steve Reichs „Different Trains“ und Sofia Gubaidulinas 4. Streichquartett

George Crumbs „Black Angels“ gaben den Anstoß. Also jenes Werk für „elektrisches Streichquartett“, Weingläser und Gongs, mit dem Untertitel „Thirteen Images from the Dark Land“, entstanden 1970, während des Vietnam-Krieges und versehen mit dem von Haydns düster dräuenden Paukenmesse übernommenen Zusatz „in tempore belli“ – „in Kriegszeiten“. Er müsse ein Quartett gründen, um „Black Angels“ spielen zu können, fand der US-amerikanische Geiger David Harrington damals. Im November 1973 war es so weit, das Kronos Quartet gab in Seattle sein Debütkonzert. The rest is history. Während das Arditti Quartet, das in dieser Saison gleichfalls goldenes Jubiläum feiert, sein Hauptaugenmerk auf die europäische Avantgarde legte, schlug das Kronos Quartet verstärkt auch im musikalischen Zeitgeschehen der USA Wurzeln – und das bedeutete eine andere stilistische Ausrichtung und Bandbreite.

Bald schon umfasste das Repertoire des Ensembles Klassiker des 20. Jahrhunderts (Bartók, Webern, Schnittke) ebenso wie Zeitgenossen (Sofia Gubaidulina, Bryce Dessner, Aleksandra Vrebalov), Jazzlegenden (Ornette Coleman, Maria Schneider, Thelonious Monk), Vertreter des Rock (Jimi Hendrix, Amon Tobin, Sigur Rós) sowie Künstlerinnen und Künstler jenseits aller Schubladen (Laurie Anderson, Trimpin, Patti Smith). Zentral sind langjährige, tiefschürfende Partnerschaften mit so profilierten Persönlichkeiten wie Terry Riley, Henryk Górecki, Philip Glass, Franghiz Ali-Zadeh, Steve Reich und vielen anderen. Außerdem hat Kronos mit Sängerinnen, Instrumentalisten sowie auch Regisseurinnen und Choreographen aus nahezu der ganzen Welt und aus allen Stilen zusammengearbeitet. Fünf Monate pro Jahr ist das Kronos Quartet auf Konzertreisen, arbeitet daneben an seiner äußerst umfangreichen und stilistisch breiten Diskographie weiter, gibt Workshops, hält Meisterklassen und trägt nicht zuletzt auf multimediale Weise zur Ausbildung junger Talente bei. Verschiedene Projekte mit Auftragswerken förderten in den letzten Jahren etwa speziell Musikschaffende unter 30 Jahren. Das Projekt „Fifty for the Future: The Kronos Learning Repertoire“ präsentierte seit der Saison 2015/16 fünf Jahre lang jeweils zehn Uraufführungen von 25 Komponistinnen und 25 Komponisten. Zwei davon, geschaffen von der 1987 geborenen Jlin (Jerrilynn Patton) und vom alten Kronos-Gefährten Terry Riley, stehen auch in diesem Jubiläumskonzert auf dem Programm, das sich ausschließlich aus Werken zusammensetzt, die für das Quartett enstanden sind – darunter auch moderne Klassiker wie Sofia Gubaidulinas 4. Streichquartett und Steve Reichs „Different Trains“.



Kronos Quartet:
David Harrington: Violine
John Sherba: Violine
Hank Dutt: Viola
Paul Wiancko: Violoncello

Programm:

Jlin: Little black book (Bearbeitung: Jacob Garchik)

Aleksandra Vrebalov: Gold came from space

Sun Ra, Terry Riley, Sara Miyamoto: Kiss yo‘ ass goodbye (Bearbeitung: Paul Wiancko)

Terry Riley: 1. Satz: Lunch in Chinatown (This assortment of atoms – one time only!)

Nicole Lizée: PhoneTap + CCTV (ZonelyHearts)

Peni Candra Rini: 1. Satz (Segara Gunung) (Bearbeitung: Jacob Garchik und Andy McGraw)

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Sofia Gubaidulina: Streichquartett Nr. 4 (1993)

Steve Reich: Different trains (1988)

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Zugabe:

Valentin Silvestrov: 3. Satz Intermezzo (Streichquartett Nr. 3)

Ramallah Underground: Tashweesh (Bearbeitung für Streichquartett: Jacob Garchik)

Jimi Hendrix: Purple haze (Bearbeitung für Streichquartett: Steve Riffkin)

Antonio Haskell: God shall wipe all tears away (Bearbeitung für Streichquartett: Jacob Garchik)

© Ö1, Konzert, 28.5.2024 / Kronos Foto: Lenny Gonzales

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