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Ökologisches Denken inspiriert ihre Musik: Liza Lim. Von Margarete Zander

Liza Lim hat schon als Kind in unterschiedlichsten Kulturen gelebt. Heute gehören Noch heute lässt sich gern von traditionellen Ritualen und Instrumenten aus der Volksmusik verzaubern.

Dass sie selbst Komponistin werden wollte, hat sie einer außergewöhnlichen Lehrerin zu verdanken. Zusätzlich zu ihrem Klavier- und Geigenunterricht ging sie in den Unterricht von Rosalind McMillan und die bracht Musik mit von John Cage, Yoko Ono und Luciano Berio. Dessen „Visage“ mit Cathy Berberian hat sie so oft gehört, dass auf der Vinyl-Platte irgendwann fast nichts mehr zu hören war. Und Yoko Onos „Secret piece“ hat sie für die Beziehung von Musik und Natur und Hörer begeistert. „Entscheide Dich, eine Note zu spielen“, schrieb Yoko Ono in ihre Partitur, und spiele ihn „with the accompaniment of the birds singing at dawn – mit der Begleitung durch den Vogelgesang bei Tagesanbruch.“

Wu Wei und der Zauber der Sheng

Nach dem 2013 veröffentlichten Buch „How forests think“ von Edoardo Kohn bringt Liza Lim in ihrem gleichnamigen Musikwerk die unterschiedlichsten Elemente der Natur zum Klingen, der Tiere, Pflanzen und Menschen aber auch die Materie. Die Sheng reicht mit ihren 37 Bambuspfeifen zurück in die archaischen Wurzeln und wird gleichzeitig zum Atem, zum Wind, der diese Natur heute belebt. „In der Zusammenarbeit mit Wu Wei und anderen Instrumentalisten geht es mir auch um das Material, die Geschichten der Instrumente, um ihre eingeschriebenen Muster, die Verhaltensweisen und Erinnerungen, die in den Instrumenten stecken.“

William Barton und die Magie des Didgeridoo

Der australische Didgeridoo-Virtuose und Komponist William Barton hat Liza Lim das Tor zur Tradition der australischen Ureinwohner geöffnet. Sie wurde eingeladen, eine Weile in einem australischen Künstlerdorf mit Nachfahren der Ureinwohner und Forscherinnen zu leben und zu arbeiten. So konnte sie die Geheimnisse der Kultur mit allen Sinnen erfahren und sie in ihrer Musik zur Wirkung bringen.

Song Spirals – ein Buch der Gay’wu Group of Women

Liza Lim ist ganz begeistert von einem Buch, dass sie jedem empfiehlt, der mehr über die Kulturgeschichte der Ureinwohner Australiens erfahren möchte. „Viele haben von den Song-Lines gehört, man weiß, dass es in Australien Lieder gibt, die man wie auf einer Landkarte wie Linien quer durch den Kontinent verfolgen kann. Sie folgen in gewisser Weise den Ahnen, die das Bild dieser Landschaft geprägt haben, aber erst diese Forscherinnen haben einen sehr viel passenderen Ausdruck dafür gefunden: das sind keine Linien, das sind Spiralen, das sind Zyklen. Das Buch ist atemberaubend schön. Wirklich.“

Liza Lim im Dialog mit ihren Noten

In ihrem Appartement im Wissenschaftskolleg in Berlin hat Liza Lim so viel Platz, dass sie große Teile ihrer Partituren ausbreiten kann. Viele Skizzen hängen an den Wänden. „Die Augen und der ganze Körper können so den Verlauf der Musik verfolgen. Das erlaubt in gewisser Weise den Noten, zu mir zu sprechen,“ erklärt sie begeistert. Manchen „Knoten“ hat sie auf diese Weise nachträglich aufgelöst. Zum Beispiel das Ende des zweiten Satzes in „Marias Trauma“. Es ist ein Teil ihres „Annunciation Triptych“ für Orchester, das Im April zur Eröffnung des Acht Brücken Festivals in Köln aufgeführt wird. Darin erzählt Liza Lim von bedeutenden Frauen der Geschichte: von der griechischen Poetin Sappho, von Maria, der Mutter Jesu und Fatimah, der Tochter von Mohammed, des Gründers des Islam. Durch diese Persönlichkeiten richtet sie den Focus auf ökologische, spirituelle und transkulturelle Botschaften für unsere Zeit.



© NDRKultur, Neue Musik, 22.3.2022

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