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Prestomusic Jazz Release Tipp: „No More Water: The Gospel of James Baldwin“

Von Matt Groom (Prestomusic). Der 1924 in Harlem geborene Schriftsteller James Baldwin ist eine herausragende Persönlichkeit der amerikanischen Literatur und Gesellschaftskritik, der sein Leben der Erforschung der komplexen Schnittstellen von Rasse, Sexualität und Identität widmete.

Baldwins Werke, darunter Romane wie „Go Tell It on the Mountain“ und Essays wie „The Fire Next Time“, sezieren auf eindringliche Weise den systemischen Rassismus und die sozialen Ungerechtigkeiten, die in der amerikanischen Gesellschaft verankert sind. Seine Einblicke in die Erfahrungen der Schwarzen machten ihn zu einer kritischen Stimme in der Bürgerrechtsbewegung, die Amerika dazu aufforderte, sich seinen tief verwurzelten Vorurteilen und Ungerechtigkeiten zu stellen.

In „No More Water: The Gospel of James Baldwin“ greift Meshell Ndegeocello Baldwins Geist und Themen auf, die sie aus ihrer Perspektive als schwarze bisexuelle Frau betrachtet. Ihre Identität war schon immer eng mit ihrer Kunst verbunden, was es ihr ermöglicht, Themen wie Rasse, Geschlecht und Sexualität mit einer unverfälschten Authentizität zu erforschen, die bei jedem, der offen für Neues ist, auf universelle Resonanz stößt.



Das Projekt ist ein Zeugnis für Ndegeocellos unnachgiebiges Engagement, künstlerische Grenzen zu verschieben. Bekannt für ihre genreübergreifende Musik, hat sie ein Album geschaffen, das traditionelle musikalische Kategorien überschreitet und Jazz, Soul, Spoken Word und elektronische Elemente miteinander verbindet, um den Geist und die Themen von Baldwins Werk widerzuspiegeln. Das Album beginnt mit „Baldwin“, einem Titel, der mit seinen eindringlichen Melodien und der Stimme Baldwins selbst, die über einen minimalistischen instrumentalen Hintergrund gelegt ist, den Ton angibt. Diese Einleitung dient sowohl als Aufruf als auch zur Etablierung von Baldwins kraftvoller Präsenz und zieht uns effektiv in den thematischen Kern des Albums.



Im gesamten Album glänzt Ndegeocello mit ihrer Musikalität, während sie durch komplexe Klanglandschaften navigiert. Ihr Bassspiel, das immer ein Highlight ist, schafft es, subtil mit Kraft zu balancieren und bietet eine starke Grundlage für die abwechslungsreichen Texturen des Albums. In „Philosophy“ zum Beispiel sind ihre Basslinien fließend und gefühlvoll und schlängeln sich durch die üppige Instrumentierung und die gesprochenen Wortsegmente des Tracks.

Einer der herausragenden Titel, „American Promise“, bietet eine mitreißende Mischung aus gefühlvollem Gesang und ergreifenden Texten, die sich mit der schwer fassbaren Natur des amerikanischen Traums für Afroamerikaner auseinandersetzen. Ndegeocellos Stimme, reich an Emotionen und Nuancen, fängt den Schmerz und die Hoffnung ein, die Baldwins Texten innewohnen. Das Arrangement des Liedes mit seinen Schichten aus Streichern und Schlagzeug verstärkt die nachdenkliche und kontemplative Stimmung auf wunderbare Weise.



Mingus‘ Aufruf zu den Waffen „Better Get It In Your Soul“ ist ein weiteres Highlight, das sich von Jazz-Einflüssen inspirieren lässt und ein lebendiges und dynamisches Stück schafft. Die energiegeladenen Rhythmen und das improvisierte Feeling des Stücks sind eine Hommage an Baldwins Liebe zur Jazzmusik und ihre Rolle in der afroamerikanischen Erfahrung. Ndegeocellos Fähigkeit, den Geist des Jazz zu kanalisieren und ihn gleichzeitig mit zeitgenössischen Elementen zu verbinden, ist ein Beweis für ihre musikalische Vielseitigkeit und Tiefe.

Der Abschluss des Albums, „Go Down Moses“, ist eine kraftvolle Neuinterpretation des traditionellen Spirituals. Ndegeocellos Interpretation ist sowohl andächtig als auch innovativ und verbindet elektronische Klänge mit Gospeleinflüssen, um ein modernes und doch zeitloses Stück zu schaffen. „Go Down Moses“ steht stellvertretend für das gesamte Album und spricht für die anhaltende Relevanz von Baldwins Botschaft und den andauernden Kampf für Freiheit und Gleichheit.

„No More Water: The Gospel of James Baldwin“ ist eine bemerkenswerte Leistung, die Baldwins Vermächtnis ehrt und gleichzeitig Ndegeocellos einzigartiges Talent und ihre Vision unter Beweis stellt. Das Album ist sowohl eine Hommage als auch ein Aufruf zum Handeln und fordert die Zuhörer auf, sich mit Baldwins Ideen und den dringenden Themen, die sie ansprechen, auseinanderzusetzen. Es ist ein Werk von tiefgreifender Schönheit und Bedeutung, das ein reichhaltiges und lohnendes Hörerlebnis bietet, das noch lange nach dem Verklingen des letzten Tons nachhallt.


No More Water – The Gospel of James Baldwin
Meshell Ndegeocello


© Prestomusic, Recording of the Week, 16.8.2024

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