Release Tipp: Alex Zethson – Terje / Supertraditional Records

Musik für Stummfilme sind nicht unbedingt etwas Neues. Allerdings unterscheidet sich die Komposition von Alex Zethson erheblich von den üblichen Soundtracks. Hier kann die Musik ganz eigenständig bestehen und nicht nur das, sie ist etwas Besonderes.


Terje ist eine Zwei-Track-EP des schwedischen Komponisten und Improvisators Alex Zethson. Es handelt sich um zwei Sätze aus einer Partitur, die Zethson für Victor Sjöströms Stummfilm Terje Vigen aus dem Jahr 1917 schrieb, der auf einem Gedicht von Henrik Ibsen basiert. Diese wunderschön ausgewogenen Kompositionen wurden am 20. November 2021 in der Vår Frue Kirke (Frauenkirche) in Trondheim, Norwegen, uraufgeführt. Bei dieser Aufführung, die am Tag nach der Premiere aufgenommen wurde, wurde Zethson (Klavier, Synthesizer und Xylorimba) von Ida Løvli Hidle (Akkordeon), Christer Bothén (Bass- und Kontrabassklarinette), Olav Luksengård Mjelva (Hardangerfiedel) und dem Trondheimer Vokalensemble EMBLA unter der Leitung von Ketil Jule Bjørnstad Belsaas begleitet. Die endgültige Fassung der Stücke enthält außerdem zusätzlichen Gesang von Kristin Amparo Sundberg und Trompete von Goran Kajfeš.


Alex Zethson

Die Partitur wurde für EMBLA geschrieben, was viel Sinn macht, wenn man sich erst einmal in Zethsons zwei Kompositionen vertieft hat – das Vokalensemble ist der Schlüssel zu den wechselnden Klangschichten, Texturen und der starken, melancholischen Melodie. Man kann einige Fäden aus Zethsons früheren Kompositionen heraushören, wie z. B. pole of inaccessibility (Thanatosis, 2016), Some of them were never unprepared (Relative Pitch Records/Thanatosis, 2021) und die schönen, spiralförmigen Drones von Residy (SUPERPANG/Thanatosis, 2022). Wie bei den genannten Stücken ist Zethson in seiner kompositorischen Herangehensweise treffsicher, aber er lässt dem Hörer genug Raum, um sich seinen eigenen Weg durch sein Werk zu bahnen; jeder Ausdruck ist eine Einladung, die Konturen von Zethsons Musik zu bewohnen, sich in der zitternden, fast haptischen Texturologie zu verlieren, die er zu umarmen beabsichtigt.

Aber man kann auch einige andere Verbindungen hören, mit Zethsons volkstümlichen, offenen Improvisationen mit VÖ, bei denen er von Spielern wie Johan Berthling, Leo Svensson Sander und Anna Högberg begleitet wird; und in der Offenheit der Stücke gibt es vielleicht elliptische Beziehungen zu seiner fortwährenden Auseinandersetzung mit Avantgarde-Jazz, durch seine Beteiligung an Gruppen wie Ahanes, Tropiques, Angles und Fire! Orchester. Dies mag die Art und Weise erklären, wie Zethson Chorarrangements sowohl in „Öja“ als auch in „Grimstad“ mit einer solchen Flexibilität und Nuance verwebt; sie werden hier wunderschön wiedergegeben, mit stattlicher Gelassenheit vorgetragen, aber dennoch sehr lebendig und atmend, wobei die kollektive Stimme des Chors mit Fleisch ausgekleidet ist, kühn und doch leicht inmitten des Gedränges von Instrumenten landet, die das musikalische Gitter beider Stücke bilden. Bei „Grimstad“ gesellt sich Amparo Sundberg hinzu, eine weitere Stimme, die Zethsons statuarische Linien weiter ausführt. © Text: Label



Die Musik von Alex Zethson begleitet mich schon eine Weile, viele seiner Veröffentlichungen haben den Weg zu mir gefunden. „Some of them were never unprepared“ mit seinem Ensemble, ist mir noch in guter Erinnerung und jetzt eine Filmmusik. „Öja“ startet mit pulsierenden, industriell klingenden Akkorden, die einen gleichermaßen ansaugen, wie abstoßen. Wenn der Chor – absolut vibratolos – einsteigt, ist selbst das geübte Ohr verwirrt: ist das ein Synthesizer-Chor oder sind das echte Stimmen? Wenn man dann liest, dass es für den Chor EMBLA geschrieben wurde, ist klar: Das sind Stimmen, die sich an den industriell wirkenden Titel angepasst haben. Die Spannung innerhalb der einzelnen Elemente des Stücks sowie seine Kraft sind fast nicht auszuhalten und faszinieren zugleich. Ganz anders im Charakter dann „Grimstad“. Ganz lyrische, sanfte, fast stille Melodien schmeicheln dem Ohr und dem Gemüt. Der Chor darf hier auch menschlich klingen und berührt sehr.

Auch wenn ich erst gehört und dann über das Werk etwas gelesen habe, ist mir sofort klar gewesen: Das muss Filmmusik sein. Die Ausdruckskraft ist enorm, die Emotion so dicht gewebt. Grandios! Alex Zethson sollten wir uns unbedingt merken. © Text: KoSe

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