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Release Tipp: Vasco Trilla – „The Bell Slept Long In Its Tower“ / Thanatosis Produktion

Vasco Trilla gehört für mich in eine Reihe mit Musikern wie Julian Sartorius, Ingar Zach, Michele Rabbia, um nur einige zu nennen. Das sind Musiker, die mit ihrer Musik auf einem erweiterten Schlagzeug Geschichten erzählen können und damit bei ihren Solokonzerten viele Zuhörer in ihren Bann ziehen. Für mich ist es immer wieder erstaunlich, was er für Klänge und Texturen kreieren kann. Es hat etwas von einem Soundtrack und ist sehr fesselnd. Meine absolute Empfehlung!


Nach seinem letzten Soloalbum „A Constellation of Anomaly“ liefert der in Barcelona lebende Vasco Trilla eine neue Dosis fantasievoller Percussion-Musik. Das zehn Titel umfassende Album „The Bell Slept Long In Its Tower“ ist sein siebtes Soloalbum und seine zweite Veröffentlichung bei Thanatosis. Thematisch basieren diese Stücke auf der symbolischen und historischen Verwendung von Glocken in verschiedenen Regionen und Kulturen auf der ganzen Welt. Vibrationen, Batimentos und Resonanzen rufen eine tiefe atavistische Mystik hervor und schaffen Musik, in der man versinken kann – ein sensorischer Raum, in dem die Perkussion zu einer offenen Quelle unkonventioneller Ansätze und Techniken wird, die in abstrakten und dröhnenden Landschaften schwanken.


Vasco Trilla

Anmerkungen von Alex Reviriego:


„Ich erinnere mich, dass ich irgendwo ein Zitat von Jim O’Rourke gelesen habe, in dem er Loren Connors als „Maler, der eine Gitarre benutzt“ und Werner Herzog als „Dichter, der eine Kamera benutzt“ beschreibt. In meiner Vorstellung sehe ich Vasco Trilla immer als einen geborenen Filmemacher, der irgendwie beim Schlagzeug gelandet ist. Vasco teilt mit meinen Lieblingsfilmregisseuren das absolute Vertrauen in seine Rohmaterialien und die feinste Sensibilität für die Feinheiten ihrer spezifischen Eigenschaften. Wie ein Regisseur, der in eine bestimmte Landschaft eintaucht oder seine ganze Aufmerksamkeit auf die einzigartigen Körper und den körperlichen Ausdruck seiner Schauspieler richtet, zeigt Vasco eine absolute Hingabe an seine verschiedenen Klangobjekte. Sein „Ohrblick“ ist wie besessen auf die Details seiner Werkzeuge gerichtet, auf die möglichen Kombinationen, das beste Szenario für jeden Glockenschlag, für jeden subtilen Bogenstrich.

Ich hatte das Privileg, mit ihm in unzähligen verschiedenen Situationen zusammenzuarbeiten, und seine Fähigkeit, die verschiedenen Klangfarben nebeneinanderzustellen und zu kombinieren, erstaunt mich immer wieder aufs Neue. Ganz im „Buñuel-Stil“ interagieren und entwickeln sich seine Klänge in einer völlig unerwarteten (aber faszinierenden) inneren Logik. Wie kommen sie auf solche magischen Kombinationen? Ich denke gerne, dass die Antwort auf diese Frage Vertrauen ist. Totales Vertrauen und Hingabe an die Möglichkeiten seiner Klangobjekte.

Vasco schlägt seine Resonanzglocken und scharfen Becken mit demselben blinden Glauben an, mit dem Buñuel die Schnecken abschießt, die an den Schenkeln des Mädchens hochkriechen. Mit dem absoluten Vertrauen darauf, dass sich die Magie offenbaren wird, wenn man sich ihrer Natur hingibt.

„The Bell Slept Long in its Tower“ besteht aus zehn Szenen, die sich jeweils auf delikate Schlagzeugkombinationen konzentrieren. Wie bei Tarr aus der Spätzeit besteht die Platte aus langen, fast statischen Aufnahmen, die in ihrer Entwicklung und Erzählung sehr spärlich sind. Die wenigen Objekte wandern durch den trostlosen Raum, der durch Trillas resonante Drones geschaffen wird, und machen jede neue Erscheinung zu einem erschütternden Ereignis. Die wellenförmigen Töne der Zither, die fast elektronischen flachen Glockentöne, die kreischenden Obertöne der Paukenmembran, die unerwarteten mechanischen Geräusche … jeder Körper formt einen geheimnisvollen rituellen Tanz über der feierlichen Landschaft.



Dies ist Musik von einem Künstler, der seine Werkzeuge und seine Sprache vollständig beherrscht, ohne etwas zeigen oder beweisen zu müssen oder zu wollen. Ich habe das Gefühl, dass Vasco seinen Stil in dieser Platte läutert und die unechten Manierismen und Klischees aus seinem Diskurs entfernt. Vasco Trilla auf seinem Höhepunkt.“



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