„Stolen Moments – Bild einer verlorenen Welt“ Musikgeschichten aus Namibia

Die Ausstellung „Stolen Moments. Namibian Music History Untold“ in Stuttgart erzählt von einer Musikszene, die sich gegen Apartheid behaupten musste. Von Jonas Engelmann.

„Bitter and sweet“ sei die Ausstellung „Stolen Moments. Namibian Music History Untold“, sagte der namibische Botschafter Martin Andjaba in seiner Rede bei der Vernissage im Stuttgarter Kunstverein Wagenhalle am Montag. Sie zeige die unterdrückten Facetten einer Musikkultur, bringe aber gleichzeitig ins Bewusstsein, dass die Menschen trotz Apartheidstaat Momente der Selbstbehauptung erleben konnten, zum Feiern zusammenkamen, zum Musizieren und zum Tanzen. Die Ausstellung rette, meint Andjaba außerdem, diejenigen vor dem Vergessen, die unter den Bedingungen der Apartheid eine namibische Popkultur geformt haben.


TONART | Beitrag vom 18.10.2021

Die Geschichte Namibias ist durchzogen von solchen „gestohlenen Momenten“, etwa einer eigenen musikalischen Sprache. Schon die deutschen Kolonisatoren, die ab 1884 „Deutsch-Südwestafrika“ besiedelten, hatten wenig Interesse an der Kultur der unterschiedlichen Volksgruppen des Landes; mit dem Völkermord an den Herero und den Nama ab 1904 wurden auch deren kulturellen Traditionen zerschlagen.

Stattdessen brachten die deutschen Siedler – etwa 12.000 waren es bei einer Gesamtbevölkerung von 200.000 im Jahr 1913 – ihre eigenen Kulturformen mit ins Land, von Schwarzwälder Kirschtorte bis zu Blasmusik. Mit dem Ende der deutschen Kolonie 1915 endete jedoch nicht die Zeit der Fremdbestimmung: 1919 erteilte der Völkerbund an Südafrika ein Mandat zur Verwaltung des Landes, woraufhin die dortigen Apartheidgesetze nach und nach auch im heutigen Namibia umgesetzt wurden.


Stolen Moments. Namibian Music History Untold, Projektraum Kunstverein Wagenhalle, Innerer Nordbahnhof 1, Stuttgart, bis 21. November 2021, täglich 11 bis 20 Uhr




© TAZ, Kultur, 16.10.2021

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