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„Umzingelte Rezipienten“ ! Die Drone Music und ihr Verhältnis zur Bildenden Kunst !

Die Drone Music will heutzutage lieber Kunst sein statt Musik. Sie bäumt sich mit Praktiken wie der „Partizipation“ und Begriffen wie „meditativ“ oder „Deep Listening“ auf, um am Ende in ein kulturindustrielles Dilemma zu geraten. Von Luis Kürsten.

In den New Yorker Lofts und Galerien der sechziger Jahre spielten Musiker wie La Monte Young, Tony Conrad und Phill Niblock die ersten Stücke aus langen, stehenden Tönen – sogenannten Drones. Bemerkenswert war neben dem neuen, äußerst flächigen Sounds auch die fehlende Komplexität der Kompositionen. Weil ihre Form jegliche Idee von Entwicklung und Prozess verneint, drängt sich ein eigentümlicher Eindruck von Statik und Gleichförmigkeit auf, der im Grunde für die ganze Minimal Music kennzeichnend ist, zu der die Drone Music gehört. Ihr geht es um das dröhnende Stillstellen der Zeit, deren Verlauf sich Musik – als eine Zeitkunst – bei aller Anstrengung doch nie ganz entziehen kann.

Bei der Drone Music sind die Klänge weniger zeitlich nacheinander als räumlich beieinander angeordnet. Charakteristisch sind Schichtungen von Tönen und Obertönen, die sich zu endlosen Clustern und Klangfarben stapeln. Genauso zentral für diese Musik ist auch der tatsächliche physische Raum. Die anhaltenden Drones sollen den Raum durchmessen und so seine Ausdehnung und Beschaffenheit hörbar machen. Erst so entsteht das für Drone typische flackernde Spiel zwischen eng benachbarten Grund- und Obertönen. Damit hat Drone Music Teil an einem allgemeinen Prozess der Verräumlichung von Musik, dessen Tradition bis an den Anfang der Moderne zurückreicht. Dafür bezahlt sie mit einer Entleerung der Zeit.



© JungleWorld, 8.2.2024

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