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NZZ: Charlie Parker spielte Saxofon wie ein verrückter Vogel. Sein Frühling endete tragisch

Leben und Musik waren eins für ihn. Der legendäre Jazzsaxofonist schrieb Musikgeschichte – und prägte mit seinen Exzessen Ideale von Avantgarde und Jugendkultur. Heute würde er hundert Jahre alt. Von Ueli Bernays

Die Hipster schleichen im März 1955 verzagt durch New York und kritzeln einen kurzen Satz auf die Mauern der Metropole: «Bird lives». Es ist ein Statement der Trauer und des Trotzes. Gerade ist ihr Idol gestorben: Charlie Parker, der überragende Saxofonist, den man «Bird» nannte. Auch wenn der Übername auf seine Lust auf Geflügelfleisch zurückgehen mag, bezogen ihn alle längst auf das Flöten, Rufen, Schlagen, Trillern seiner furiosen Soli, die einen ewigen Frühling versprachen.

Charlie Parker ist bloss 34-jährig geworden; sein Weg in den musikalischen Olymp war von Sucht, Ausschweifung und Erschöpfung gesäumt. Aber in seinen besten Zeiten hat der Afroamerikaner den Jazz mit einer elektrisierenden Vitalität aufgeladen, auf die die Fans nicht mehr verzichten wollen. Zumindest als Mythos soll ihnen «Bird» erhalten bleiben.

© NZZ, Kultur, 29.8.2020

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