Musiktipps

Deutscher Jazzpreis 2021 „Lobreden bis zum Abwinken“ Von Ulrich Stock

Der Deutsche Jazzpreis leidet bei seiner ersten Vergabe an einer endlosen Fernsehpräsentation. Doch die Preisträger repräsentieren die Vielfalt des Genres.

In einem Gewerbegebiet in Hamburg-Stellingen, stadtauswärts hinter der Autobahn, steht eine große, weiße Halle mit vielen Parkplätzen davor. Ein Food Truck am geöffneten Tor hat die Luke aufgeklappt gegen das Nieseln; es gibt heiße, triefende Wraps, und ein paar junge Leute stehen kauend herum im Zustand jenes bedeutsamen Unbeschäftigtseins, wie man es von Orten kennt, an denen das Fernsehen tätig wird. Herzlich willkommen an einer Stätte der Illusionsproduktion.

… Dabei gehört das zum Jazz doch dazu: nicht einverstanden sein zu dürfen. Sich die schwierigste und schrillste Musik anzuhören, aber immer zu wissen: Ich tue dies aus freien Stücken. Ich kann jederzeit gehen.Nun, keine Sorge. Bei der fernsehgerechten Übertragung der erstmaligen Verleihung des Deutschen Jazzpreises verhindert eine unsichtbare Regie, dass viel Jazz gespielt wird. Stattdessen wird aus dem skurrilen Hamburger Studio und den drei per Videobild angeschlossenen Clubs – der Münchner Unterfahrt, dem Berliner A-Trane, dem Mannheimer Ella und Louis –  eine nicht enden wollende Parade von Gesichtern mit Mikrofonen abgefahren. Moderatorinnen, Laudatoren, Nominierte und Prämierte, Männer wie Frauen. 

Unter den weiteren, allesamt würdigen Preisträgerinnen und Preisträgern wären am Piano vielleicht die Berliner Japanerin Aki Takase hervorzuheben und an der siebensaitigen Gitarre der einst in Karl-Marx-Stadt geborene Ronny Graupe. Auch internationale Künstler sind prämiert worden, so der armenische Pianist Tigran Hamasyan, die New Yorker Trompeterin Jaimie Branch oder das österreichisch-deutsche Septett Shake Stew. Sie alle sind in der ZEIT und auf ZEIT ONLINE schon vorgestellt worden.

© Zeit Online, Kultur, 4.6.2021

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