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Cécile McLorin Salvant „Die Starprofessorin des Jazz“ Von Jan Wiele

Höchste Zeit, dass sie auch in Deutschland weltberühmt wird: Die Jazzsängerin Cécile McLorin Salvant begeistert in der Kölner Philharmonie mit amerikanischen Klassikern und einer elegischen Version der „Seeräuber-Jenny“.

Sie artikuliert deutlich, fast akademisch: „What happens when the foundation of a relationship is guilt, not love?“ Es ist ein Kurzvortrag über die falsche Basis von Liebesbeziehungen mit dem Titel „Obligation“ – präsentiert von einer 32 Jahre alten Professorin des Jazz. Das Auditorium in der Kölner Philharmonie hängt ihr an den Lippen und bricht manchmal in spontanen Applaus aus, wenn sie eine halsbrecherische Passage spielend leicht gesungen oder einen Scherz mit dem Pianisten Sullivan Fortner gemacht hat. Zum Beispiel über die Barfußschuhe, die sie trägt, um bessere Erdung beim Singen zu haben, aber die sie noch gewöhnungsbedürftig findet. Er, Fortner, begleitet sie in Socken, wobei begleiten eine krasse Untertreibung für sein virtuoses und dabei doch immer zurückhaltendes, der Protagonistin des Abends dienliches Spiel ist.



Cécile McLorin Salvant, die in Miami aufwuchs und in Frankreich Jazzgesang studiert hat, noch als Geheimtipp zu bezeichnen schiene absurd, liegt ihr Debüt doch zwölf Jahre zurück und hat sie doch sagenhafte dreimal schon den Grammy in der Kategorie „Best Jazz Vocal Album“ erhalten. Auch in Deutschland wurde sie schon für Auftritte gefeiert, und doch ist ihr charakteristischer Name vielleicht noch nicht genug zum Begriff geworden – dem Begriff für eine beeindruckende Wiederaufnahme und Modernisierung des klassischen Jazzgesangs auf Basis des Great American Songbook.



© FAZ, Feuilleton, 22.3.2022

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