Nachhören

„Die monumentalen Klangskulpturen“ Bill Fontana im Zeit-Ton Porträt.

Für den Klangkünstler Bill Fontana ist die bewusste Vergegenwärtigung des jeweiligen klingenden Moments, der Akt des Hörens eine Kompositionsmethode.

Seit über sechs Jahrzehnten bereits schafft er großformatige Live-Klang-Skulpturen, in denen er den Klang eines bestimmten Ortes an einen anderen Ort überträgt, um ihn so ins Zentrum unserer Aufmerksamkeit zu rücken.

„Musik ist für mich ein Bewusstseinszustand“, führt Bill Fontana aus. „Es ist eine Art, vollkommen präsent zu sein. Die Vorstellung, dass jeder Moment genauso nur dieses eine Mal passiert, fasziniert mich! Ich wollte immer schon im Moment leben. Deswegen sind so vieler meiner Werke Live-Klang-Skulpturen, die mit einem manchmal komplizierten System an Mikrophonen und Sensoren, eben den Live-Klang eines Ortes einfangen.“

Am vergangenen Dienstag wurde im Parzival-Dom in den Eishöhlen des Dachsteins Bill Fontanas neueste Live-Klang-Skulptur „Silent Echos: Dachstein“ eröffnet, die nun bis Saisonende eben dort live zu erleben sein wird. Der Titel „Silent Echos“ verweist auf eine weitere Live-Klang-Skulptur, in dessen Zentrum die Glocken der Notre Dame standen. Mit dem Brand im Jahr 2019 waren diese verstummt – scheinbar – denn sie konnten zwar nicht mehr geläutet werden, Fontana machte sie aber auf andere Art hörbar, er lenkte die Aufmerksamkeit auf eine harmonische Reaktion der Glocken auf die Umgebungsgeräusche, die er mithilfe einiger Beschleunigungsmesser einfing.

Für das Programm des Kulturhauptstadtjahres im Salzkammergut sei er von Peter Brugger, dem Gründer der Eisklang Konzerte, eingeladen worden, Notre Dames „Silent Echos“ in die Dachsteineishöhlen zu bringen, erzählt Bill Fontana.

„Die Strukturen, die Sie in dieser Eishöhle sehen, wurden von dem rapide schmelzenden Dachstein-Gletscher geformt. Da dachte ich mir, es wäre doch interessant, in der Eishöhle ein mehrkanaliges Soundsystem zu installieren, um dort den Klang dieses Gletschers hörbar zu machen, während er sich mit dem Glockenklang mischt. Die Notre Dame ist ein kulturell sehr symbolischer und wichtiger Ort, der dieses schreckliche Feuer erlebt hat und mir gefällt die Idee, dass in dieser Live-Klang-Skulptur, Notre Dame zu einer Zeugin des Klimawandels wird. Die Entwicklung, die ich im vergangenen Jahr beobachtet habe, ist dramatisch. So viel Eis ist seit dem vergangenen September, als ich zum ersten Mal hier war, geschmolzen, einfach verschwunden.“

Ab heute Abend (die Eröffnung ist um 18 Uhr) können Sie „Silent Echos: Dachstein“ auch in der Tonspur-Passage des Wiener Museumsquartiers hören. Ab morgen wird Fontanas aktuelle Live-Klang-Skulptur weiters von der Fassade des Kunsthauses Graz schallen. Und auch im Rahmen des Ars Electronica Festivals kann man das Werk dieses Wochenende erleben, im Marien Dom in Linz. Am 17. Oktober wird „Silent Echos: Dachstein“ dann bei uns in Ö1 zu hören sein, in „Sound Art: Kunst zum Hören“. Und heute in diesem Zeit-Ton Portrait tauchen wir in die so bewegte Geschichte und den umfassenden Werkkatalog von Bill Fontana ein.



© Ö1, Sound Art: Zeit-Ton, 6.9.2024

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