Ein Besuch bei der Komponistin von Hugh Morris (VAN). Die Komponistin Anna Thorvaldsdottir sitzt auf einem Rollhocker in ihrem Studio in Surrey, südlich von London. Durchs Fenster dringt das Brummen eines Rasenmähers. Der Raum ist minimalistisch eingerichtet, aber absichtlich offen gehalten, mit großer Glastür zum Garten der Nachbarn hin….
VAN: Wie beginnen Sie die Arbeit an neuen Kompositionen?
Anna Thorvaldsdottir: Ich mache bei all meinen Stücken am Anfang erstmal Skizzen, das ist wirklich wichtig für mein inneres Hören. Das ist mein Ausgangspunkt, wenn ich Musik suche, durch den ich erkenne, was dazugehören könnte und was nicht.
Die Struktur eines Stückes ist so elementar, darum ist es auch sehr wichtig zu wissen, wohin man will, woher man kommt und wie das zusammenhängt. Ich skizziere in ganz unterschiedlichen Formen: mit Worten, mit grafischen Elementen.
Was machen Sie dann mit den Skizzen?
Wenn ich an einem Stück arbeite, füge ich der Skizze immer wieder etwas hinzu – manchmal habe ich sogar zwei oder drei Skizzen für ein Stück, je nachdem, um welchen Aspekt der Musik es geht. Ich füge etwas hinzu, entferne wieder was – zu erkennen, was zu einem Stück gehört und was nicht, ist ein zäher Prozess.
In den meisten Skizzen sind schon die grundlegenden Harmonien enthalten, die Layer, die ich dort übereinanderlegen will, und das melodische Material. Es gibt immer diese Struktur mit dem zeitlichen Ablauf auf der einen und den Registern auf der anderen Achse.
© VAN Magazin, 31.5.2023