„Charlie Chaplin“ Geistesgegenwart und Fantasie als Überlebensstrategie

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Ein wunderbarer Text !

Von Renate Jurzik

Wenn ihn der Blick des Gegners trifft, zieht er den Hut. Wenn es gefährlich wird, rennt er davon. Der kleine Mann wehrt sich mit nichts als seinem Witz, seinem Mut und seiner Schläue gegen die Mächtigen. Damit erfüllt Charlie Chaplin die Sehnsucht nach Umkehr der gesellschaftlichen Ordnung, von der alle Komik lebt.

Als ich mich vor Jahren mit dem Stoff des Lachens befasste, war Chaplin nicht mein Lieblingskomiker, sondern Buster Keaton, dessen Verlorenheit mir charakteristischer schien für die moderne Zivilisation und ihre Zumutungen. Ein Held, der den Umgangsformen einer verdinglichten Massengesellschaft mit seinem unbewegten Gesicht begegnet, dem jede Spontaneität, die Zumutungen der Welt zu unterlaufen, fehlt.

Ganz anders Chaplin. Der Tramp, den er kreierte, scheint eine Figur aus dem vorvorigen Jahrhundert, die einem Roman von Dickens entsprungen sein könnte. Mit seinem kindlichen Sadismus, seinem Protest, der von Wünschen beflügelt ist, verkörpert er das Gegenteil von Buster Keaton. Er ist ein Trickser im Bunde mit magischen Kräften – von einer Unbesiegbarkeit, die mir märchenhaft schien. Von unangefochtener Faszination aber ist die Geistesgegenwart und die Imaginationskraft, die seines Helden in den Katastrophen des Alltags und die des Künstlers angesichts der Katastrophen seiner Zeit….

 

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© Deutschlandfunk, Essay und Diskurs.10.4.2016

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