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ECLAT 2016 – Ensemblekonzert I

Sami Klemola: Peak
für Klaviertrio und Live-Elektronik (2014)

Ville Raasakka: Vanishing Point
für verstärktes Klavier (2013)

Oscar Bianchi: Partendo
für Countertenor und Ensemble (2015)

Matthias Schneider-Hollek, Klangregie

Daniel Gloger (Countertenor)
Uusinta Ensemble Helsinki
Leitung: József Hárs

(Konzert vom 5. Februar im Theaterhaus Stuttgart)

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Sami Klemola: Peak

Der Kühlschrank war für eine Weile still und begann, wieder Geräusche zu machen. Ist das neue Geräusch das gleiche oder nicht das gleiche, das es vorher war? Jetzt werde ich das Konzept eines „Agenten“ einbeziehen, kein physischer Klangerzeuger, sondern eine Reihe von Klängen, die man beim Hören zusammenfügt. Der Klang des Kühlschranks ist ein „Agent“, der aus Klängen besteht, die aufeinander folgen und die „Geräusch-Sektionen“ heißen. Aber wenn sich der Klang des Kühlschranks wesentlich verändert hat, denke ich, dass mit dem „Agenten“ etwas passiert sein muss, und es ist nicht klar, ob immer noch der gleiche „Agent“ zugegen ist. (Erkki Kurenniemi “Theorie der Klänge”)

Ville Raasakka: Vanishing Point

Vanishing Point wurde für ein Festkonzert zum 200. Geburtstag von Richard Wagner beauftragt. Der Ausgangspunkt für das Werk ist Wagners kurzes Albumblatt für Klavier Ankunft bei den Schwarzen Schwänen. Ich wollte auf Distanz zum Originalwerk gehen. Das Werk, das ein Klangmodell werden sollte, begann sich beim Komponieren immer weiter zu entfernen. Das einzige, was vom Original blieb, ist eine einfache Tonhöhe: ein Punkt am Horizont. Der „Fluchtpunkt“ ist ein Begriff aus der Bildenden Kunst, er repräsentiert eine Art perspektivischen Zeichnens, bei dem alle Linien in einer Zeichnung auf einen Punkt zulaufen. Ich wollte meine eigene Landschaft zeichnen, in der Wagners Original ein Fokus in weitester Distanz ist. (Ville Raasakka)

Oscar Bianchi: Partendo

Partendo wurde als ein modulares Stück konzipiert. Neben der konzertanten Fassung für einen Countertenor und neun Instrumentalisten gibt es auch eine Bühnenfassung, bei der ein zusätzlicher Darsteller einbezogen ist. Thema des Werks ist „Abschied“ und das „Verlassen“ (= italienisch „partendo“). Wie verlassen wir bestehende reale und geistige Orte? Und, damit einhergehend: Wie können wir persönliche und historische Identitäten verlassen, die wir früher bereitwillig angenommen haben? Wie trennen wir das, was wir wollen, was wir brauchen und mitnehmen wollen, von dem, was wir hinter uns lassen sollten oder sogar müssen? Was ist wichtig genug für unsere Zukunft als Individuen und als Kollektive, um mitgenommen, beschützt und verteidigt zu werden? Wie sieht die Werteskala aus, die wir, ohne uns dessen bewusst zu sein, durch das Weggehen weiterentwickeln? Mit verborgenen Anknüpfungen an zwei zeitlose Ausformungen von Schönheit und Poesie in der Musik (Palestrinas Motette O bone Jesu und Henry Purcells Here the Deities Approve) wird in Partendo der Bruch zwischen Erinnerung und ihrer Sublimation (die sich teilweise dem körperlichen Vorgang des Weggehens verdankt) zu einem immer wiederkehrenden Thema der musikalischen Konversation. (Oscar Bianchi)