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FR: CHARLIE PARKER „Aus der Ära des Umbruchs“Vor hundert Jahren wurde der große Jazzmusiker Charlie „Bird“ Parker geboren. Von Hans-Jürgen Linke

Als Charlie Parker, dem zeit seines Künstlerlebens der Name „Bird“ anhaftete, im März 1955 gestorben war, tauchten an New Yorker Hauswänden Graffiti auf, die behaupteten: „Bird lives!“ Soweit sich das auf seine ungebrochene musikalischen Präsenz im aktuellen Jazz bezog, war das die pure Wahrheit. Die physische Realität zeigte ein anderes Bild. Ärzte hielten den 34-Jährigen nach der Obduktion für einen Mittfünfziger. Ein schnelles, rastlos taumelndes, intensives Leben mit Drogen- und Alkoholabhängigkeit hatte seine Spuren hinterlassen.

In der bekanntesten Anekdote aus dieser Zeit geht der 15-jährige Parker bei einer Session mit Musikern der Count-Basie-Band auf die Bühne und lässt seinen Chorus erbärmlich daneben gehen. Schlagzeuger Jo Jones schlägt verärgert auf das Becken, um dem Krampf ein Ende zu machen, und als Parker nicht reagiert, wirft Jones das Becken über die Bühne, wo es scheppernd vor den Füßen des jungen Musikers landet. Der packt gedemütigt das Instrument ein und zieht sich für Monate zurück, um zu üben.

© Frankfurter Rundschau, Kultur, 28.8.2020

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