Musiktipps

Iggy Pop „Every Loser“ Kaputtologie vom Proto-Wutbürger

Leguan mit sehr viel Kunstsinn: Iggy Pop veröffentlicht mit „Every Loser“ ein elegant schnurrendes Album. Die Backingband besteht aus schweren Jungs. Von Robert Mießner.

„Got a dick and 2 balls, that’s more than you all“, so beginnt „Frenzy“, der Auftaktsong des neuen Iggy Pop-Albums „Every Loser“. Das kurzweilige Potenzgefuchtel zu Anfang, das in seiner Gänze die Potenziale von Rockmusik auslotet, muss nicht übersetzt werden. Dafür gehört es bereits jetzt in die Galerie der klassischen Albumeröffnungen von Iggy Pop.

In der Sammlung des 75-jährigen US-Punk-Ersttäters steht Iggys im hohen Bogen in den Straßenstaub geworfenes „Well, alright“ vom Debüt der Stooges. Auf jenem musikgewordenen Fehdehandschuh definierte das Proto-Punk-Quartett 1969 die böse funkelnde Ästhetik des Schmutzrock und machte schnell klar, es ist rein gar nichts in Ordnung und will es auch nicht mehr werden.

1980 stellte Iggy Pop sein grandios verunfalltes „Soldier“ unter das Motto „My momma told me/If I was goody/That she would buy me/A rubber dolly“. Iggy Pop schlägt sich durch im amorphen Bereich zwischen Aggression und Komik. Das ist längst nicht alles, und das ist auch auf „Every Loser“ der Fall. Atmosphärisch dockt die Musik an eine Großtat wie dem 1979 erschienenen „New Values“ an, wobei das Pendel auf „Every Loser“ in Richtung eines Humors ausschlägt, der Ernst macht.




© TAZ, Kultur, Musik, 5.1.2023


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert