Kai Weber ist irgend so ein Typ aus dem Internet, Softwareentwickler, Musikfreak, Büchernarr, Amateurposaunist, Konsument und Sprachenfreund. Er betreibt online eine Auflistung aller Musikerinnen und Musiker, die beim Moers-Festival aufgetreten sind und arbeitet beruflich an Digital-Humanities-Projekten mit, u. a. zur Präsentation von Werken Walter Benjamins, Arno Schmidts und Wolframs von Eschenbach.
2021 war ein schlimmes Jahr. Nicht wegen der Politik, der Umweltverschmutzung, des Klimas oder Pandemie: in diesen Hinsichten unterscheidet sich das Jahr ja nur wenig vom Vorjahr. Aber musikalisch war es schlimm: SWR2 hat die Sendung Radiophon eingestellt, eine der vielleicht vier, fünf mächtigsten Säulen meiner musikalischen Bildung und Geschmacksfindung in den prägenden Teenager-Jahren. Das Nachfolgeformat SWR2 Lost in Music habe ich bisher noch nicht gehört. Vermutlich würde ich herausfinden, dass der Radiophon-Verlust gar nicht so schlimm ist, weil die neue Sendung auch trägt? Aber so sind wir Menschen: Wir suhlen uns allzu gerne ein bisschen selbst im Unglück, auch wenn das eigentlich gar nicht nötig wäre. Oder um es etwas komplizierter mit einem gelehrten Zitat zu sagen: „so weit schlägt in der Panik der Egoismus aller Epheben über die Stränge, statt selbst an ihnen zu ziehen und den Karren aus dem Dreck.“ (Heimito von Doderer, Die Strudlhofstiege, S. 355)
Nun denn, was konnte in diesem Jahr helfen, mein auf musikalische Genüsse getrimmtes Sensorium wieder aufzurichten und mir über den Verlust hinwegzuhelfen? Danke an Portfuzzle für die Einladung, einen persönlichen Jahresrückblick über meine Alben des Jahres zu veranstalten. Eh voilà:
Meine Alben des Jahres 2021
Und zum Schluss noch ein paar Alben, die schon früher erschienen sind, die aber erst in diesem Jahr zu mir gekommen sind und mich beeindruckt haben:
Letzte Empfehlungen
Weitere ältere Alben, die mich 2021 nachhaltig beschäftigt haben, zu denen mir aber bisher noch keine Worte eingefallen sind, die aber dennoch äußerst hörenswert sind, waren:
Letzte Enttäuschungen
- Etwas enttäuscht hat mich das Album „Live at Willimantic Records“ von Lao Dan (https://familyvineyard.bandcamp.com/album/live-at-willimantic-records) und anderen. Von der Integration des chinesischen Instrumentes Suona in einem westlichen Free-Jazz-Kontext hatte ich mir mehr versprochen.
- Ebenfalls enttäuschend fand ich Trilok Gurtus „God Is a Drummer“ (https://www.jazzline-leopard.de/index.php/en/leopard-2/25-video/177-trilok-gurtu-god-is-a-drummer-the-making-of) und das insbesondere deshalb, weil ich ihn im Herbst 2021 mit seiner God-Is-a-Drummer-Band live sehen durfte – mein einziges Live-Konzert im ganzen Corona-Jahr 2021! Das Konzert war großartig, der Bass wahnsinnig fett, Frederik Kösters Trumpetenarbeit kreativ, Trilok Gurtu locker, groovig und lustig, das war alles toll. Das Studioalbum hingegen klingt dagegen wahnsinnig dünn.
the who, hurra! 😉
digital humanities? wird meine mittlere, die gerade ihren bachelor macht ab nächstem jahr als master studium anfangen.
wish you all a roots natty xmas!
Na dann wünsche ich der Tochter viel Spaß und Erfolg in den Digital Humanities. Gute Wahl (auch wenn ich selbst Quereinsteiger bin und das nicht studiert habe).
Auf The Who falle ich immer wieder gerne zurück, mal weil mich die melodiösen Basslinien von Entwistle begeistern, mal weil ich über Townshends Demoversionen (Lifehouse Chronicles) wieder zur Band stoße, mal, weil ich als Beatles-Mensch mit meinem Stones-vernarrten Chef nur mit The Who auf einen Common ground komme.