Meredith Monk zum 80. „Ihre Stimme ist das Ein und Alles“.

Ihre Kunst spottet jeder Beschreibung in herkömmlichen Kategorien. Meredith Monk experimentiert in allen erdenklichen Formen mit ihrem Körper und ihrer Stimme. Jetzt wird sie 80 Jahre alt. Von Wolfgang Sandner.

Die Stimme sei der Bote ihrer Seele, ihr Wetterbericht, ihre Lebenslinie, ihr Leuchtfeuer, ihr Mysterium, Trost und Kanal, Blut und Herz, ihre Hacke und Schaufel, ihr Fußabdruck, ihr Pegel, ihr Flügelpaar und ihr Strom, ihre Nadel und ihr Tummelplatz, Radar und Spiegel, Erdbeben, Kompass und Kanal, die Verbindung ins Unbekannte und ins Allzeitbekannte, ins Ewige und zum Jetzt – sagt Meredith Monk. Und sagt somit eigentlich alles über sich und ihre phantastischen Kunstwerke, Musik selbstverständlich mitgemeint.

Sie stammt aus einer russisch-jüdischen Musikerfamilie, ihr Urgroßvater war Kantor, ihr Großvater Bassbariton, der nach New York auswanderte, die Großmutter mütterlicherseits Konzertpianistin und die Mutter Sängerin. Meredith Monk hat sie alle beerbt. Aus diesem vielfältigen Kulturgut hat sie allerdings etwas geschaffen, was jeder Beschreibung in herkömmlichen Kategorien des Gesangs, aber auch der dramatischen Kunst und des Tanzes spottet. Einmal hat sie von sich behauptet, sie sei kein Substantiv, sie fühle sich vielmehr als Verb. Soll heißen, dass sie immer in einer Bewegung ist, in der sie all die unterschiedlichen Kunstäußerungen aus Musik, Theater, Tanz, Bildern, Vokalen und Konsonanten zu einer unauflöslich miteinander verschränkten Zeichensprache verdichtet.



FAZ, Feuilleton, 20.11.2022

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