Wie Nietzsche lebt er zwischen Philosophie und Kunst: der französische Kulturvermittler und Verleger Jean-Claude Kuner. In den 1970er Jahren führt er Interviews mit Philosophen wie Baudrillard oder Virilio und macht sie damit in der New Yorker Kunstszene bekannt.
Von Jean-Claude Kuner
1938 geboren, überlebt Lotringer als verstecktes jüdisches Kind unter falscher Identität den Krieg. Eine Erfahrung, die sein gesamtes Leben beeinflusst. Als er 1972 in New York Professor für Literatur und Philosophie an der Columbia Universität wird, fühlt er sich wie ein ausländischer Agent in Sachen Kultur. Die französischen Philosophen der Zeit wie Michel Foucault oder Gilles Deleuze sind in den USA weitestgehend unbekannt. Schon seit den 1950er Jahren zieht Lotringer mit Mikrophon und Tonbandgerät in die Welt hinaus, um die Philosophie direkt ins Leben zu integrieren. Für seinen in New York gegründeten Verlag semiotext(e) führt er Interviews mit Jean Baudrillard oder Paul Virilio, aber auch Schriftstellern wie William S. Burroughs und Komponisten wie John Cage. Er wird damit zu dem Vermittler zwischen französischer Philosophie und US-amerikanischer Kunst-Avantgarde. In über 50 Jahren entsteht dabei ein Tonarchiv, das in seiner Vielfältigkeit einzigartig ist. Vieles davon ist nun zum ersten Mal zu hören.
© WDR 3, Kulturfeature, 25.11.2018