Als in den 1980er-Jahren die digitale Klangverarbeitung ihren Siegeszug antrat, verschwand in Windeseile ein ganzes Repertoire von elektronischen Stücken. Zu den Opfern der Digitalisierung gehört auch „Stries“ von Bernard Parmegiani, ein Triptychon für Tonband und (analoge) Synthesizer aus dem Jahr 1980.

Sebastian Berweck hat sich als Archäologe betätigt, das Werk restauriert, Dateien lesbar gemacht und die alten Synthesizer aufgetrieben. Aus vorsintflutlichen Geräten – Yamaha CS-40M, Synthi AKS und Roland System 100/System 100M – erwächst erneut »eine atmosphärische Klangwelt voller Drones und kleiner Klangcharaktere, die aber weder als Alliteration an die Wirklichkeit noch als musikalische Erzählung verstanden werden wollen« (Sebastian Berweck). Sie zeigen, dass Immersion keine Erfindung von heute ist. © Ultraschall 2019
Bernard Parmegiani (1927 – 2013) war ein französischer Komponist elektroakustischer Musik.
Besuch der Meisterklasse in der Groupe de Recherches Musicales (GRM), später Zusammenarbeit mit u.a. Iannis Xenakis. Arbeit als Filmkomponist und erste Versuche mit Videotechnik. Parmegiani komponiert 1964 sein erstes Hauptwerk, „Violostries“ für Violine und Tonband für eine Choreografie von Jacques-Albert Cartier. Er schreibt akusmatische Stücke wie das „Capture éphémère“ von 1967, das sich mit der Zeit beschäftigt, und „L’Enfer“ (1972), eine Zusammenarbeit mit dem Komponisten François Bayle, basierend auf Dantes „Göttliche Komödie“.
Musiker und Experimentatoren wie Aphex Twin, Autechre oder auch Sonic Youth nennen seine Musik als einen wichtigen Einfluss.
Sebastian Berweck ist einer der gefragtesten Interpreten für experimentelle zeitgenössische Musik. Neben erweiterten Spieltechniken und szenischer Arbeit liegt ein Schwerpunkt seiner Arbeit in der (Wieder-)Aufführung von elektronischen Stücken. Zusammen mit Silke Lange und Martin Lorenz präsentiert er am 18. Januar 2019 im Rahmen von Ultraschall Berlin eine aufwändige Rekonstruktion von Bernard Parmegianis »Stries« (1980) für Tonband und Synthesizer sowie »Music of the Spheres« (1938) von Johanna Beyer. © Ultraschall 2019
Hier der Mitschnitt einer Sendung auf kulturradio „Musik der Gegenwart“ über das Konzert vom 18.1.2019.
Dass die Musik von Bernard Parmegiani Musiker wie Aphex Twin oder Autechre fasziniert kann ich sehr gut nachvollziehen. Diese Musik öffnet Türen zu unbekannten Territorien oder ferne Galaxien. Ja, man mag sich auf die Discovery versetzt fühlen um zu hören und zu entdecken. Die Arbeit von Sebastian Berweck für das neu Entstehen und wieder hörbar machen ist wichtig und wir können ihm dankbar sein.
Es hat seinen Grund, dass die Musik von Pionierinnen der elektronischen Musik wie u.a. Delia Derbyshire, Daphne Oram oder Beatriz Ferreyra bis heute immer noch fasziniert und begeistert. Oder die der Musique concrète mit Pierre Schaeffer, später Stockhausen usw… Das, was wir heute hören, hat zu großen Teilen dort seinen Ursprung!
Es soll auch Anlass sein, seine Werke wieder zuhören. Ich habe dabei auch Dantes „Göttliche Komödie“ eine Zusammenarbeit mit François Bayle gehört. Das Internet ist doch für diese Erkundungen wie geschaffen…;)
Auch das Label Mode Records lohnt für weitere Erkundungen. George Crumb, Christian Wolff, Gavin Bryars, Henze, Chris Newman, Luc Ferrari, Cage, Stockhausen …. Das alles ist dort zu finden!