Release Tipp: Flukten – Flukten / Odin Records
Da ist es wieder, das norwegische Jazzquartett Flukten mit seinem zweiten Album und wieder kann ich nicht aufhören, die Replay-Taste zu drücken. Und wieder bin ich begeistert von der Art und Weise, wie die Musiker ihre Musik spielen. Ihr Debütalbum „Velkommen håp“ von 2021 hat ihnen einen norwegischen Grammy in der Kategorie Jazz eingebracht. Und ich bin mir sicher, dass sie es dieses Jahr auch schaffen werden.
Es ist schwierig, die Inspirationsquellen zu benennen. Ich bin wahrscheinlich ziemlich inspiriert von Ornette Coleman, Henry Threadgill und Paul Motian. Ich lasse mich von der Atmosphäre inspirieren, die ihre Musik erzeugt, oder vielleicht meine Wahrnehmung davon. Oft entstehen die Songs, während ich summe. Oft beim Spazierengehen, manchmal mithilfe eines Klaviers oder eines Synthesizers. Ich mache so ziemlich die ganze Zeit Musik, und meistens passt sie zu Flukten. Ich konzentriere mich mehr auf Melodien als auf Akkorde. — Hans Hulbækmo
Es ist ein Album geworden, das sich sehr nach „uns“ anfühlt. ́ Die Einzigartigkeit von Flukten liegt in dem starken Zusammenspiel, das wir im Laufe der Zeit entwickelt haben, sagt Gitarrist Marius Klovning.
Das Album enthält auch mehrere Live-Aufnahmen, die die Band in ihrem natürlichen Lebensraum zeigen. Es ist mal sanft und zart, mal knallhart. Das dynamische Zusammenspiel, das das Quartett entwickelt hat, ist einzigartig und hat zu einer engen Bindung sowohl musikalisch als auch persönlich. Die Songs fühlen sich freier und improvisierter an als früher, basieren aber immer noch auf komponierten, soliden Melodien. Die Kompositionen geben den Interpreten Raum, das Material selbst zu gestalten.
Schöne, aber nicht gefällige Melodien durchziehen das Album. Der Gitarrist Marius Hirth Klovning bekommt etwas mehr Raum, und das ist ein großer Gewinn. Die Schönheit der Ballade „Abundans“ ist überwältigend. Überhaupt strahlen die Stücke Offenheit und Optimismus aus. „Monica frå Svolvær“, eines der drei Stücke, die im Herbst 2023 live aufgenommen wurden, ist ein gutes Beispiel dafür. Das Stück wird von einer schrägen kleinen Melodie eingeleitet, Ornette Coleman lässt grüßen. Das Herzstück ist ein spannendes Zwiegespräch zwischen Schlagzeug- und Bass (Hulbækmo und Poulsen), gefolgt von einem Solo von Klovning und dem Tenorsaxophon von Paulsberg. Ein starkes Stück, das einen Eindruck davon vermittelt, wie Flukten live agieren und klingen. Vielleicht sind sie mal in meiner Nähe und ich kann sie selbst im Konzert hören. Flukten klingt wie die goldene Mitte im Jazz. Von allem etwas und nicht zu viel, die Mischung stimmt und das macht die Qualität der Musik von Flukten aus. Und Vorsicht, es besteht Suchtgefahr!
