Filmtipp: „Return to Seoul“ Eine Kriegerin auf der Suche nach Ihren Wurzeln.

Davy Chous Spielfilm „Return to Seoul“ erzählt die komplexe Geschichte der Adoptivkinder aus Korea. Eine Französin sucht dort nach ihrer Identität. Überragend ist dabei Park Ji-min als Freddie.

Die junge Französin, Adoptivkind und Tochter unbekannter südkoreanischer Eltern, ist gerade in Korea angekommen, einem Land, von dem sie rein gar nichts weiß und dessen kulturelle Regeln sie mit fast boshafter Genugtuung missachtet. „Freddie“ erklärt, es gehe darum, die Partitur auf einen Blick zu erfassen und ohne vorheriges Üben zu „spielen“. Dass sie dabei nicht von Musik spricht, sondern das Leben meint, demonstriert sie noch an Ort und Stelle einer Soju-Bar. Vor den ängstlichen Augen ihrer scheuen Freundin Tena setzt sie sich ungefragt zu einer Gruppe junger Männer und holt andere Gäste dazu. Die Irritation und Überforderung der Anwesenden scheint sie zu genießen. Eine überrumpelte Frau meint, sie sei „speziell“. Am nächsten Morgen erwacht Freddie neben einem der Männer aus der Runde. Nachdem sie ihre Orientierung wiedergewonnen hat, teilt sie ihm ohne Umschweife mit, was sie will: „Sex again, you and me. Okay?“

Das Blattspiel ist in „Return to Seoul“ von Davy Chou vieles; für Freddie ist es ein Mittel, um soziale Situationen aufzumischen, sie zu chaotisieren – eine Art Lebensstrategie, die es ihr erlaubt, Menschen auf Abstand zu halten und sich selbst immer wieder neu zu erfinden. Für den Regisseur ist es ein dramaturgisches Prinzip. Mit jedem Zeitsprung in der Erzählung, mit jedem Versuch Freddies, den durch die Adoption erlittenen Identitätsverlust mit einem neuen Ich zu füllen, findet man sich auch in einem etwas anderen Film wieder. Als Freddie sich als etwas gefährlich wirkende Frau (oder Kinoheldin) in schwarzem Lederpanzer neu erfindet und tief ins Nachtleben von Seoul abtaucht, wirkt „Return to Seoul“ fast wie ein Film noir. © Text: Filmdienst



Getragen vor allem von seiner Hauptdarstellerin Park Ji-min, entwickelt Chou ein komplexes Porträt einer jungen Frau beim Versuch, verschiedene Facetten ihres Ichs auszutarieren. Park wechselt mit Leichtigkeit durch die verschiedenen Register der Figur. Der Präsenz, die sie Freddie verleiht, ist zu verdanken, dass sie im Film trotz aller Selbstsuche stets präsent bleibt. So wie Freddie in ihrem ständigen Identitätswechsel schwer zu greifen ist – wie sie sucht man auch als Zuschauer:innen nach einem Kern –, vereinigt auch „Return to Seoul“ die verschiedensten Eigenschaften: von berührend und herzzerreißend über kühl und elegant bis hin zu komisch. Das Ankommen, so viel ist sicher, ist immer nur eine Station zum nächsten Aufbruch.

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