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Ronald Pohl: Pink Floyds „The Dark Side of the Moon“ – 50 Jahre luxuriöser Schmerz

Vor genau 50 Jahren erschien mit dem richtungsweisenden Album der Briten das Requiem auf die Protestkultur.

Der Herzschlag, mit dem das womöglich einflussreichste Album der 1970er-Jahre einsetzt, würde die Besorgnis jedes pflichtbewussten Kardiologen wecken. Er pocht schlichtweg zu langsam. Pink-Floyd-Drummer Nick Mason entschied sich irgendwann für die Bassdrum, anstatt den Lärm dröhnender Muskeln für die Ouvertüre Speak to Me einzuspielen. Im Takt seines Pedalschlags flog der Vierer aus Cambridge in vordem unbekannte Bezirke der Einbildungskraft: weit hinaus auf die erdabgewandte Seite des Mondes.

The Dark Side of the Moon, echt nur mit der Lichtbrechung durch das Prisma, avancierte sofort nach Erscheinen im März 1973 zum wichtigsten popkulturellen Besitz: ausgerechnet ein Hörspiel, das von Anfang bis Ende todtraurig war und das Schlagen und endgültige Ausklingen der Lebensuhr thematisierte. Mit Dark Side unterzogen Boomer mit Niveau den Dolby-Surround-Klang ihrer Anlagen dem ultimativen Stresstest. Zum Kreis der Initiierten gehörte, wer sich spätnachts, gut gedopt, die Kopfhörer überstülpte, um den zivilisationskritischen Ergüssen von Floyd-Kopf Roger Waters zu lauschen.




© Der Standard, Kultur, Musik, 9.3.2023

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