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Sibylle Berg wird EU-Parlamentarierin: „Freuen Sie sich, lieben Sie mich!“

Die deutsch-schweizerische Autorin zieht für die Satirepartei Die Partei ins EU-Parlament ein. Was hat sie dort vor? Dem STANDARD hat Berg per Mail geantwortet. Stefan Weiss interviewte Sibylle Berg.

Da es in Deutschland bei EU-Parlamentswahlen keine Fünf-Prozent-Hürde mehr für den Einzug gibt, sitzt dort seit zehn Jahren auch Martin Sonneborn. Der Ex-Chef des Satiremagazins Titanic hat für seinen Parteiableger Die Partei Missstände aus dem Innersten des EU-Komplexes aufgedeckt. Nun erhält er Verstärkung durch die deutsch-schweizerische Autorin Sibylle Berg. 1,9 Prozent der Stimmen bringen der Satirepartei auch diesmal einen zweiten Sitz im Parlament.* Die Wahlparty war hart, sie sei leider krank, sagt Berg zum STANDARD. Ein paar Fragen per E-Mail dürfen wir ihr dann aber doch stellen. Goschert wie immer hält die Neo-Parlamentarierin mit nichts hinterm – Berg. Schmäh olé.

STANDARD: In Ihren dystopischen Zukunftsromanen GRM und RCE vegetieren die Menschen in einem inhumanen Post-Brexit-UK herum. Die gute Nachricht: Es gibt bedingungsloses Grundeinkommen, wenn auch in neoliberaler Form. Können Sie sich mit dem EU-Parlamentarierinnen-Gehalt jetzt auch auf die faule Haut legen? Oder was tun Sie mit dem Gehalt?

Berg: Guten Tag erst mal. Haben Sie gut geschlafen? Ich hervorragend, so eine Wahl gewinnt man ja nicht alle Tage. Die Menschen in RCE – das Buch entstand vor dem Brexit, wie seherisch bin ich doch – leben in dem totalüberwachten Dauerkrisenzustand, wie wir ihn jetzt haben. RCE ist die Anleitung zu einer Revolution, wie sie hoffentlich bald stattfindet und das Finanzsystem, das wir als Gesellschaftssystem bezeichnen, zum Verschwinden bringt. Apropos Geld: Bei aller gebotenen Zurückhaltung muss ich doch sagen, dass vor Corona meine Stücke oft zeitgleich an 16 europäischen Theatern aufgeführt wurden, ich einige Bestseller geschrieben habe und ein freundliches Einkommen habe. Wenn ich jetzt doppelt so viel arbeite wie vorher und ein Viertel mehr Geld verdiene, implodiert am Ende das Universum. Oder ich, oder Sie.



© Der Standard, Kultur, 12.6.2024

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