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Essay: „Sprechen in Zeiten des Gaza-Kriegs“ Welche Aufgaben haben Kultur- und Wissenschaftsinstitutionen?

Von Teresa Koloma Beck. Demokratien brauchen Orte, an denen Krisen und Konflikte gedanklich durchdrungen und argumentativ ausgehandelt werden können. Im aktuellen Israel-Gaza-Konflikt jedoch stoßen etwa Universitäten und Forschungseinrichtungen an Grenzen des Möglichen.

Der bewaffnete Konflikt in Gaza seit dem 7. Oktober 2023 hat nicht nur bei Demonstrationen auf der Straße, sondern auch an Universitäten und Hochschulen in der Bundesrepublik (und darüber hinaus) zu Spannungen, Konflikten und vereinzelt auch zu gewaltsamen Auseinandersetzungen geführt. Diese werden nicht nur im akademischen Feld, sondern auch in Medien und Politik heftig diskutiert. Dass Universitäten und Hochschulen zu Arenen der Auseinandersetzung über internationale politische Konflikte werden, ist dabei zunächst nichts Neues. Es zählt zu den zentralen Aufgaben akademischer Institutionen, krisenhaft unübersichtliche Wirklichkeit zu durchdenken und diskursiv handhabbar zu machen. Und immer wieder gab es in der Vergangenheit Situationen, in denen dabei auch jenseits der Grenzen des gepflegten akademischen Diskurses gestritten wurde.
In der aktuellen Situation jedoch ruft die Austragung des Konflikts nicht nur unterschiedliche politische Positionen auf, sondern auch Erfahrungen der Ausgrenzung und Diskriminierung. So stehen Universitäten, Hochschulen und Forschungseinrichtungen derzeit vor einer doppelten Herausforderung: Sie müssen Gespräch, Auseinandersetzung und auch Kontroverse ermöglichen – und gleichzeitig Hochschulangehörige vor Diskriminierung schützen. Der Essay leuchtet dieses Problemfeld aus und diskutiert dessen Bedeutung im Horizont einer zunehmend pluralen Gesellschaft.



Teresa Koloma Beck ist Soziologin und beschäftigt sich mit Globalisierungsprozessen und dem Alltag in sozialen und gesellschaftlichen Krisen. Dabei interessiert sie sich besonders für die Bedeutung kolonialer und imperialer Geschichte in den Gegenwartsgesellschaften. Sie ist Professorin für Soziologie an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg. Für ethnographische Forschung war sie in Angola, Mosambik und Afghanistan. Immer wieder ist sie auch außerhalb des akademischen Elfenbeinturms unterwegs als Expertin in politischen, künstlerischen und zivilgesellschaftlichen Praxisfeldern.

© Deutschlandfunk, Essay und Diskurs, 7.7.2024

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