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Brìghde Chaimbeul : Sackpfeifen for Future

Die schottische Künstlerin Brìghde Chaimbeul haucht dem traditionalistischen Instrument Dudelsack avantgardistisches Leben ein. Das beweist ihr neues, mit dem kanadischen Saxofonisten Colin Stetson entstandenes Album „Carry Them With Us“. Von Christian Werthschulte.

Auf der Liste der Mittel und Substanzen, die einen Rauschzustand auslösen können, hat ein Gegenstand bislang gefehlt: der Dudelsack – zumindest, wenn er von Brìghde Chaimbeul gespielt wird. Dann entströmen der Sackpfeife endlos erscheinende Töne, die sich umschlängeln, antanzen und zu einem Sound zusammenfinden, der jeden Raum in Hypnose versetzt.

Brìghde Chaimbeul ist Mitte zwanzig und stammt aus der gälischsprachigen Community der Isle of Skye, weit im Norden Schottlands. Im Alter von sieben Jahren hat sie begonnen, den Dudelsack zu spielen, mit siebzehn trat sie beim großen Zapfenstreich, der Edinburgh Military Tattoo, in der schottischen Hauptstadt auf. Damals spielte sie noch die High­land Bag­pipes, bekannt von Militärparaden und dem privaten Dudelsackspieler von Queen Eli­za­beth II. Mittlerweile spielt Chaimbeul die Smallpipes, die wegen ihres kleineren Volumens auch in Pubs gespielt werden können.


Brìghde Chaimbeul interessiert sich nun dafür, was passiert, wenn man diese Suchbewegung wieder aufgreift. Wie bei dem bretonischen Dudelsackpfeiffer Erwan Keravec ist das Mittel ihrer Wahl Minimal Music. Deren kompositorische Strenge erreicht in den besten Momenten einen psychedelischen Zustand des Fließens. Auch die Muster in ihrem Dudelsackspiel kehren wieder, verschieben und umkreisen sich. Zur Ruhe kommen sie jedoch nie. Ihrer Musik zuzuhören, ist ein Trip, eine Erfahrung: ein Blasinstrument als psychotrope Substanz.

Siehe hierzu auch mein Review zu Brìghde Chaimbeul und „Carry Them With Us“ .



© TAZ, Kultur, 18.4.2023

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